Ecclestone: „Derzeit nicht die Absicht zu sterben“
Berlin (dpa) - An die Rente denkt Formel-1-Chef Bernie Ecclestone noch lange nicht. „Ich will noch viele generelle Dinge in der Formel 1 ändern, das möchte ich abschließen. Ich denke also, für ein paar Jahre bleibe ich noch“, sagte der 81-Jährige in einem Interview der Nachrichtenagentur dpa.
Für die am Sonntag in Australien beginnende Saison erhofft sich der Brite einen spannenden Titelkampf mit mehr Gegenwehr für Doppel-Weltmeister Sebastian Vettel. „Er wird es diesmal nicht so leicht haben wie im letzten Jahr“, meinte Ecclestone.
Was sind Ihre Erwartungen für die neue Saison?
Ecclestone: „Es ist das erste Mal, dass wir sechs Weltmeister am Start haben. Das ist also schon mal eine Premiere. Hoffentlich können sie alle ihre Klasse zeigen, dann werden es Superrennen. Aber ich bezweifle etwas, dass das passieren kann. Wenn sie alle dasselbe Auto hätten, dann könnten wir uns zurücklehnen und schauen, wer wirklich der Beste ist.“
Kann Sebastian Vettel wieder so schnell zum Titel durchmarschieren wie im vergangenen Jahr?
Ecclestone: „Ich hoffe nicht. Er wird es diesmal nicht so leicht haben wie im letzten Jahr. Ich sage nicht, dass es einfach für ihn war im vergangenen Jahr, aber es sah danach aus. Ich denke nicht, dass es wieder so leicht wird.“
Was erwarten Sie von Michael Schumacher?
Ecclestone: „Ich würde ihn gern ein paar Mal auf dem Podium sehen. Keine Ahnung, ob er Rennen gewinnen kann. So weit ich weiß, ist sein Auto viel besser als im letzten Jahr. Das ist es, was er braucht. Ich würde ihn gern in einem Red Bull sehen.“
Als Teamkollege von Sebastian Vettel?
Ecclestone: „Naja, das war ein bisschen so dahingesagt. Ich würde ihn einfach sehr gern in einem Auto mit dieser Leistungsfähigkeit sehen. Aber ich glaube, Sebastian würde sich darüber freuen, wenn es so käme.“
Denken Sie denn, dass Schumacher nochmal das Team wechseln würde?
Ecclestone: „Keine Ahnung. Ich habe nicht mit Michael gesprochen.“
Sein Vertrag läuft am Saisonende aus. Was würden Sie ihm raten, wenn er Sie fragen würde?
Ecclestone: „Eine ganze Menge wird davon abhängen, was dieses Jahr passiert. In der Mitte der Saison würde ich gern mit ihm sprechen.“
Können ihre Landsmänner Jenson Button und Lewis Hamilton diesmal Vettel den Titel streitig machen?
Ecclestone: „Ich denke zunächst mal, Mark Webber wird einen viel besseren Job als im vergangenen Jahr machen. Und die zwei Engländer, ja, ich bin sicher. Ich war sehr beeindruckt von Jenson im letzten Jahr.“
Button wirkt sehr entspannt, im Gegensatz zu Hamilton.
Ecclestone: „Ja, das haben Sie richtig beschrieben. Jenson nutzt die Reifen sehr gut zu seinem Vorteil, er denkt viel mehr nach, schont das Auto, macht wenig Fehler. Lewis ist eher meine Art von Fahrer. Er ist aggressiv, einfach gut in dieser Hinsicht. Aber ich wäre sehr überrascht, wenn es Jenson nicht wie im Vorjahr gelingt, schneller als Lewis zu sein.“
Sie haben zuletzt mehrfach Hamilton und sein Umfeld kritisiert. Hat er aus seinen Fehlern gelernt?
Ecclestone: „Ja, ich denke, er ist viel erwachsener geworden. Er hatte persönliche Probleme, die jetzt hinter ihm liegen.“
Was erhoffen Sie sich denn von Rückkehrer Kimi Räikkönen?
Ecclestone: „Er hat bei den Tests eine viel bessere Leistung gezeigt, als ich erwartet hätte. Ich bin sehr beeindruckt von Kimi. Und das Auto ist wohl auch richtig gut.“
Wird er die große Überraschung?
Ecclestone: „Ja, er ist unter allen die unbekannte Größe dieses Jahr.“
Und wie sehen Sie Ferrari? Die Scuderia scheint ja schon wieder früh mit Problemen zu kämpfen...
Ecclestone: „Sie scheinen die ersten Rennen wieder zu verschlafen. Hoffen wir mal, dass sich einige Dinge in deren Lager geändert haben, wenn die Europa-Rennen beginnen.“
Wie wichtig sind denn erfolgreiche Ferrari für die Formel 1?
Ecclestone: „Es ist immer gut. Ferrari ist eben Ferrari, etwas Besonderes. Also wäre es schön, wenn sie konkurrenzfähig sind.“
Sitzt Fernando Alonso derzeit im falschen Auto?
Ecclestone: „Ich denke zwar nicht, dass er im falschen Auto sitzt. Aber sagen wir es so: Er könnte in einem besseren Auto sein. Ob es so bleibt, ist eine andere Geschichte. Ich denke nicht, dass Ferrari die Leistung ihres derzeitigen Autos für längere Zeit hinnehmen wird.“
Einige sehen Alonso als den derzeit besten Fahrer. Sie auch?
Ecclestone: „Nein, überhaupt nicht. Ganz sicher ist er aber einer der besten Drei.“
Sebastian Vettel spricht immer mal wieder davon, irgendwann für Ferrari fahren zu wollen. Wäre das eine Traum-Kombination?
Ecclestone: „Ich glaube nicht, dass er Red Bull jetzt verlässt, um für Ferrari zu fahren. Es ist allerdings etwas, dass jeder Pilot einmal machen will: einen Ferrari steuern. Also vielleicht macht er es nach zwei, drei weiteren Jahren bei Red Bull.“
Was ist Ihre Meinung zum neuen Design der Autos mit den ungewöhnlichen Höckern auf der Frontpartie?
Ecclestone: „Jedes Jahr, wenn es gravierende Änderungen an den Autos gibt, sagen einige Leute, sie mögen es, anderen gefällt es nicht. Man gewöhnt sich dran.“
Teams wie HRT oder Marussia sind auch nach zwei Jahren völlig chancenlos. Welchen Wert haben sie für die Formel 1?
Ecclestone: „Jedes Rennen kann nur einen Sieger haben, einer muss Letzter sein. Sie stellen sich dem Wettbewerb. Ich erinnere mich an die Zeit, als Frank Williams am Anfang Probleme hatte. Später hat er eine Menge Weltmeistertitel mit seinem Team gewonnen.“
Sie werden dieses Jahr 82. Sind Sie fit und gesund, gibt es Pläne für die Rente?
Ecclestone: „Ich habe derzeit nicht die Absicht zu sterben. Und ganz sicher werde ich nicht in Rente gehen, ehe ich meine Pläne für die Formel 1 umgesetzt habe. Ich will noch viele generelle Dinge in der Formel 1 ändern, das möchte ich abschließen. Ich denke also, für ein paar Jahre bleibe ich noch.“
Von welchen Veränderungen sprechen Sie?
Ecclestone: „Da gibt es so viele verschiedene Dinge. Nicht nur die Weiterentwicklung des technischen und sportlichen Regelwerks, auch die generelle Struktur der Formel 1 und die Länder, in die wir gehen wollen. Wie gesagt, wir bewegen uns vorwärts.“
Reden wir über Fußball. Kürzlich haben Sie Ihre Anteile am englischen Erstligisten Queens Park Rangers verkauft. Warum?
Ecclestone: „Ich bin viel zu beschäftigt, ein aktives Interesse an QPR zu verfolgen. Deshalb habe ich mich entschieden, aus dem Fußball auszusteigen. Ich habe volle sieben Tage in der Woche mit der Formel 1 zu tun. Ich habe einfach keine Zeit, mich um etwas anderes zu kümmern.“
In diesem Sommer ist London Olympia-Gastgeber. Haben Sie ein Interesse daran?
Ecclestone: „Überhaupt nicht. Ich bin mit den Leuten, die Olympia organisieren in Kontakt, wir tauschen Ideen aus. Aber ich habe kein Interesse, mich da einzumischen.“