Amerikaner nur Statisten in Formel 1
Austin (dpa) - Die glorreichen Grand-Prix-Zeiten der USA sind längst vorbei. Vor 35 Jahren holte Mario Andretti als letzter US-Amerikaner den Weltmeistertitel in der Formel 1.
Seither spielt die Weltmacht in der Königsklasse des Motorsports keine Rolle mehr. Andrettis Sohn Michael und Scott Speed gaben eher klägliche Kurzvorstellungen ab. Und seit Sommer 2007 hat kein einziger US-Boy mehr den Sprung in die Formel 1 als Stammpilot geschafft.
Alexander Rossi versucht es derzeit, ist aber über den Status eines Testfahrers beim Hinterbänklerteam Caterham noch nicht hinausgekommen. „Wir alle wissen: Um in die Formel 1 zu kommen, muss man mehr machen als schnell zu sein“, beschrieb Rossi vor dem Großen Preis der USA in Austin seine Probleme und die seiner Landsleute. Am Freitag durfte der 22 Jahre alte Kalifornier bei seinem Heimrennen auf dem Circuit of the Americas das Auftakttraining bestreiten. „Das ist etwas Besonderes für mich“, sagte Rossi, der hinter dem vierfachen Weltmeister Sebastian Vettel auf Rang 19 gelandet war.
Bis in die 70er Jahre hinein fuhren viele US-Piloten in der Formel 1, teilweise parallel zur IndyCar-Serie. Phil Hill krönte sich 1961 im Ferrari zum ersten Ami-Weltmeister. Einen Namen machten sich unter anderen Harry Schell, A.J. Foyt, Roger Penske, Richie Ginther oder Dan Gurney. Nach Mario Andrettis Ausstieg 1982 ging es stetig bergab. Michael Andretti stieg 1993 bei McLaren nach dem Großen Preis von Italien vorzeitig resigniert aus. Gegen den dreifachen Weltmeister Ayrton Senna hatte der IndyCar-Champion keine Chance.
Dass die USA nur noch eine Statistenrolle in der Formel 1 spielen, hat viele Gründe. Mit der nordamerikanischen Pendant-Serie IndyCar und dem populären Tourenwagen-Spektakel Nascar gibt es äußerst attraktive eigene Serien. Mario Andretti brachte es gegenüber der „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ auf den Punkt: „In Europa wollen junge Rennfahrer um jeden Preis in die Formel 1. Aber Amerikaner können eine beeindruckende Karriere haben, ohne auch nur ein Mal das Land verlassen zu haben.“
Erschwerend hinzu kommt, dass US-Konzerne kaum interessiert sind, Sponsorengelder in die europäisch dominierte Formel 1 zu investieren. „Warum sollte ein amerikanisches Unternehmen das tun, wenn es die zehnfache Wirkung in der Nascar-Serie hat“, erklärte Scott Speed. Er selbst profitierte bei seinem Aufstieg vom Red-Bull-Förderprogramm. Der Getränkekonzern ließ ihn 2006 im B-Team Toro Rosso fahren. Weil es aber beim Großen Preis von Europa im Sommer 2007 zwischen ihm und Teamchef Franz Tost zu Handgreiflichkeiten in der Box gekommen war, musste Scott seinen Sitz abgeben. Im Rennen danach in Ungarn fuhr dann ein gewisser Sebastian Vettel.
Speed wies auf eine weitere Schwierigkeit für den US-Nachwuchs hin: „In Nordamerika gibt es kein Kartsport-Programm. Der Kartsport ist aber das Sprungbrett für die Karriere.“ Rossi ging deshalb bereits als Sechzehnjähriger nach Italien, um Kart zu fahren. Beim Saisonfinale der zweithöchsten Formel-Klasse in Abu Dhabi glückte Rossi vor zwei Wochen der erste Sieg. „Es war etwas Besonderes für mich, als erster Amerikaner ein GP2-Rennen zu gewinnen“, sagte er.
In Conor Daly hofft ein weiteres US-Talent, den Durchbruch zu schaffen. Der Sohn des ehemaligen irischen Formel-1-Piloten Derek Daly überzeugt derzeit in der GP3-Serie. „Wir wollen nicht, dass es nur ein Amerikaner in die Formel 1 schafft, sondern möglichst viele“, konstatierte der 19-Jährige keck.
Red Bull ist jedenfalls auf der Suche nach einem amerikanischen Vettel. Motorsport-Berater Helmut Marko fragte in Austin Andretti, ob er ihm nicht ein 15 bis 16 Jahre altes vielversprechendes Talent empfehlen könne. Andrettis Reaktion: „Ich weiß einen.“