Die Motoren-Diskussion: Red Bull, VW, viel Geld
Singapur (dpa) — Startet die Motoren — aber welche? Die Formel 1 diskutiert aufgeregt über die Antriebe in der nächsten Saison.
Nicht aber die Frage, wie viel PS, sondern wer mit welchen Power Units antritt. Es geht - wie immer und vor allem - auch um viel, viel Geld. Für manche um zu viel, deswegen droht eine Zweiklassengesellschaft der besonderen (Motoren)-Art.
Welche Motorenhersteller sind aktuell in der Formel 1?
Vier: Mercedes, Ferrari, Renault und Honda. Mercedes und Ferrari fahren mit eigenen Werksteams und beliefern je drei (Williams, Force India, Lotus) bzw. zwei weitere Rennställe (Sauber, Manor). Renault ist bis zum Ende der Saison Partner von Red Bull und Toro Rosso. Honda ist seit dieser Saison wieder an der Seite von McLaren.
Wo liegen die Probleme?
Die Kundenteams müssen viel Geld für die Belieferung mit den hochkomplexen Antriebssträngen bezahlen. Summen von bis zu über 20 Millionen Euro schweben im Raum. Zu viel für manche. Hinzu kommt nach dieser Saison, dass Renault als Lieferant aussteigen will. Also suchen Red Bull und Toro Rosso neue Partner. Macht drei Lieferanten, von denen einer (Honda) nach der Rückkehr in diesem Jahr erst noch weitere Aufbau- und Entwicklungsarbeit leisten muss. Ergo: Eigentlich nur zwei für neun Teams - falls alle an Bord bleiben.
Warum will Renault überhaupt als Lieferant aussteigen?
Nach den Erfolgsjahren mit Red Bull und der Umstellung auf die Turbomotoren zur Saison 2014 mussten die Franzosen viel Prügel einstecken. Renault-Konzernchef Carlos Ghosn fand dafür jüngst auf der Automesse IAA in Frankfurt/Main klare Worte. „Wenn es ein Problem mit dem Team gibt, wird als erstes auf dich mit dem Finger gezeigt. Als wir Meisterschaften gewannen, wurde leider der Name Renault nie erwähnt. Wir haben den Eindruck gewonnen, dass sich die Investition nur sehr schwach ausgezahlt hat.“ Daher will Renault entweder Lotus übernehmen oder der Formel 1 ganz Adieu sagen.
Wer wird der neue Red-Bull-Partner?
Aussagen von Besitzer Dietrich Mateschitz deuten klar auf Ferrari hin. Von Mercedes, dessen Antriebe als die besten gelten, gab es ein Nein. Hartnäckig halten sich aber auch Gerüchte und Spekulationen um einen Einstieg von VW. Nun befeuert von Ex-Teambesitzer und TV-Experte Eddie Jordan. Seine Theorie beim britischen Sender BBC: Bevor Red Bull 2018 mit VW-Power auf die Formel-1-Strecken geht, kommt solange ein Ferrari-Motor zum Einsatz. Allerdings stellte Red Bulls Motorsportberater Helmut Marke klar, dass man sich nicht mit einer B-Version der Ferrari-Antriebe zufriedengibt. Red Bull will ganz vorn mitfahren. Genau darin liegt eine große Gefahr für einen Hersteller: Niederlagen gegen Kundenteams sind wenig imagefördernd.
Wie realistisch ist denn ein VW-Engagement?
Dass in Stefano Domenicali ein ehemaliger Ferrari-Teamchef bei der VW-Marke Audi angestellt wurde, wirkte sich auf die Spekulationen nicht gerade bremsend aus. Vonseiten des Wolfsburger Konzerns hieß es am Samstag: „Bitte haben Sie Verständnis, dass wir uns an solchen Spekulationen nicht beteiligen möchten.“ Konzernchef Martin Winterkorn hatte allerdings erst Ende Juni einem Engagement in der Formel 1 eine Absage erteilt. „Das ist momentan nicht wirklich interessant für uns“, hatte er der „Bild am Sonntag“ gesagt. Anfang des Jahres schloss Porsche-Vorstandschef Matthias Müller einen Einstieg aus.
Warum überhaupt B-Versionen von Motoren?
Aus besagten Kostengründen. Diese würden günstiger für die Kundenteams sein. Williams-Teamchefin Claire Williams sprach von vier Millionen Euro Unterschied. Klar ist aber auch: Zweite Wahl verspricht nicht gerade Erstklassigkeit, sportlich und für die ohnehin so oft beklagte Spannung und Attraktivität der Rennserie suboptimal. Das wissen auch die Teamchefs. Das weiß auch Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff. „Man will keine Zwei-Klassen-Gesellschaft haben“, sagte er. Andererseits ermögliche man anderen Teams eine Wahl, überhaupt teilnehmen zu können.
Wie angespannt ist die Situation der Teams?
Beispiel Lotus. Nachdem im vergangenen Jahr bereits Caterham passen musste und sein Inventar im Internet versteigerte, muss Lotus auf die Übernahme von Renault hoffen. Wenn nicht, klopft wohl der Gerichtsvollzieher an. Vor dem High Court in London bekam das Team wegen seiner Schulden noch einmal einen Aufschub nach dem Japan-Rennen am nächsten Wochenende, um seine Schulden zu begleichen.
Und was sagt der allmächtige Bernie Ecclestone dazu?
Dass er von Beginn an kein Freund der leiseren V6-Turbomotoren war, ist hinlänglich bekannt. Geändert hat sich das nicht. In der britischen Zeitung „Independent“ machte er nun die Überlegenheit der Mercedes-Triebwerke verantwortlich dafür, dass andere Hersteller nicht in die Formel 1 einsteigen würden.