Graue Haare unerwünscht: Vettel will Serie ausbauen
Yeongam (dpa) - Die Alpen-Idylle am Furkajoch nutzte Sebastian Vettel als Kraftquelle für den Endspurt zum vierten Formel-1-Titel. Ein Fotoshooting vor der Gebirgskulisse diente dem Weltmeister als willkommene Abwechslung.
Eine kurze Auszeit, bevor er beim Doppelschlag in Südkorea und Japan im Idealfall schon weit vor Saisonende den nächsten WM-Triumph perfekt machen kann. Mit satten 60 Punkten Vorsprung auf Fernando Alonso geht der Spitzenreiter am Sonntag in den Grand Prix in Yeongam. Macht Vettel daraus in den nächsten beiden Rennen mindestens 100 Zähler, ist die Sache entschieden.
Die Leichtigkeit seiner jüngsten Siege hat den viertel Titel des Hessen in Serie fast schon zur Formalität gemacht. Seine große Überlegenheit zwang den Red-Bull-Piloten zuletzt sogar zu einer ungewöhnlichen Klarstellung: „Es steckt wirklich viel Arbeit dahinter.“ Doch seit der Sommerpause wirkt es bisweilen, als könnte der 26-Jährige auch im Rückwärtsgang die Rennen gewinnen.
Buhrufe einiger Fans bei den Siegerehrungen in Monza und Singapur waren die Folge. „Ist ja verständlich und zeigt uns, dass wir unsere Arbeit richtig machen“, meinte Vettel betont sachlich. Der Titelverteidiger will sich nicht aus der Spur bringen lassen - und erhält Rückendeckung von seinem Teamchef. 2010 und 2012 sei der Titel doch jeweils erst unter Hochspannung im letzten Saisonlauf vergeben worden, erklärte Christian Horner. „Aus Brasilien im letzten Jahr habe ich jetzt mehrere graue Haare“, sagte der Brite.
„Das Wichtigste ist Gewinnen. Wir wollen beide Titel verteidigen, und es ist unsere Aufgabe, das so schnell wie möglich zu erledigen“, fügte Horner hinzu und betonte: „Es liegt nicht in unserer Verantwortung, dass es bis zum letzten Rennen offen bleibt - was es hoffentlich auch nicht wird.“ Angesichts des Polsters, das sein Vorzeigepilot herausgefahren hat, muss sich der Teamchef da wohl keine Sorgen machen.
Zumal Vettel vor allem in Asien stets zur Höchstform aufläuft. 19 seiner 33 Grand-Prix-Siege hat der Heppenheimer in Asien gefeiert, kein anderer Pilot der Formel-1-Geschichte war dort erfolgreicher. Zwei seiner drei Titel machte der 26-Jährige in Asien perfekt: 2010 in Abu Dhabi und 2011 in Suzuka. Viel spricht dafür, dass es auch in diesem Jahr so sein wird. Auf die Reise nach Südkorea und Japan folgen noch die Rennen in Indien und Abu Dhabi. Spätestens dann sollte bei den aktuellen Kräfteverhältnissen auch rechnerisch jeder Zweifel an Vettels viertem Streich beseitigt sein.
Die Konkurrenz hat den Glauben an eine Wende bereits verloren. „Wir müssen realistisch sein. Wir brauchen schon eine ganze Menge Glück“, bekannte Ferrari-Pilot Alonso. Die Scuderia hat die Entwicklungsarbeit am F138 weitgehend eingestellt, der Spanier ist damit auf sich gestellt. Kein Wunder, dass der frustrierte Alonso zuletzt Ablenkung bei seiner Passion Radsport suchte und zur WM nach Florenz reiste. „Eine tolle freundliche Atmosphäre hier. Eine andere Welt“, twitterte der Asturier vieldeutig.
Der Rest der Vettel-Verfolger darf sich noch weniger Hoffnungen machen. Mercedes-Fahrer Lewis Hamilton liegt schon 96 Punkte zurück, Lotus-Pilot Kimi Räikkönen gar 98. Die Schlussphase der Saison wird so zum Wettkampf um die kleineren Pokale und die Plätze in der Konstrukteurswertung, die über die Verteilung der Einnahme-Millionen entscheidet. Da bleiben nur Motivationsfloskeln. „Ich habe immer Kampfgeist in mir“, beteuerte Hamilton tapfer. Gegen den Vettel des Jahres 2013 aber ist das schon wieder nicht genug.