Vor dem Grand Prix in Sotschi Hochglanz-Russland und seine Formel-1-Fahrer
Sotschi (dpa) - Das wäre die ganz große Inszenierung: Den Pokal für den Sieger des Großen Preises von Russland aus den Händen von Wladimir Putin für einen Piloten aus seinem Reich.
Weit weniger wahrscheinlich als der erneute Auftritt des russischen Präsidenten bei der Zeremonie auf dem Formel-1-Podium am Sonntag in der ehemaligen Olympia-Stadt Sotschi ist allerdings Platz eins für einen russischen Piloten. Einen gibt es ohnehin nur, und Chancen auf einen Sieg hat er nicht.
Zum vierten Mal zelebriert Russland das Spektakel Formel 1. Die Fans, wie ein Geschwisterpaar auf dem westsibirischen Tjumen, reisen aus dem ganzen Land an. Nach Angaben der Veranstalter waren schon am Donnerstag, wenn sich kein Formel-1-Rad dreht, fast 10 000 Zuschauer an der Strecke. Eigens dafür durfte sich auch der erste Russe in der Formel 1 noch mal feiern lassen.
32 Jahre alt ist Witali Petrow mittlerweile, 2010 in Bahrain feierte er für sich und Russland sein Debüt in der Motorsport-Königsklasse. Nach zwei Jahren bei Lotus bzw. Renault und einem bei Caterham war wieder Schluss. 57 Rennen absolvierte Petrow, Platz drei 2011 in Australien blieb sein herausragendstes Ergebnis. „Ich kann noch gar nicht glauben, jetzt hier zu sein“, hatte Petrow an seinem Erfolgstag im März 2011 in Melbourne gesagt.
2014 kam der zweite Russe: Daniil Kwjat. Seit Mittwoch 23 Jahre alt, und am Steuer eines Toro Rosso. Wieder, muss man sagen, denn im Schwestern-Team von Red Bull hatte Kwjat auch seine Premiere gefeiert. Nach dem Weggang von Vierfach-Weltmeister Sebastian Vettel zu Ferrari nach der Saison 2014 wurde Kwjat befördert. Kwjat wurde WM-Siebter.
Im Jahr darauf folgte die Degradierung. Zweimal geriet Kwjat mit Vettel auf der Strecke aneinander, nach seinem Crash beim Russland-Rennen vor einem Jahr wurde er zurück zu Toro Rosso geschickt, für ihn kam Max Verstappen. Wie er das fand, ließ sich Kwjat mehr als einmal anmerken. „Was glauben Sie?!“, entgegnete er vor dem vierten Rennen in Russland auf die Frage, ob das vergangene Jahr schwer für ihn gewesen sei.
Sportliche Erfolge sind für ihn im Toro Rosso nicht leicht, nachdem er es bisher zweimal aufs Podium (Zweiter in Ungarn 2015 und Dritter in China 2016) geschafft hat. Im Hochglanz-Zirkus Formel 1, für den sich auch Sotschi wieder besonders herausgeputzt hat, muss Russland sich weiter gedulden.
Dass Sergej Sirotkin bei seinem Trainingseinsatz am Freitag vor allem auch aus Marketinggründen anstelle des deutschen Stammpiloten Nico Hülkenberg nach gut zehn Minuten mit seinem Renault stehen blieb, passt ein wenig ins Bild der russischen Formel-1-Piloten zwischen Aufstieg und Rückschritt. „Etwas ist mit dem Motor, er ist aus“, funkte er und musste rückwärts in die Box geschoben werden.