Jules Bianchi: Ein Franzose aus der Ferrari-Talentschmiede

Suzuka (dpa) - Er gehörte zur Ferrari-Talentschmiede. Und er galt als Kandidat für ein Stammcockpit beim legendärsten Formel-1-Rennstall der Welt. Jules Bianchi hatte sich dazu bereit gefühlt. „Natürlich“, sagte er selbstbewusst, aber nicht überheblich.

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„Es wäre doch ein logischer Schritt für mich.“

Es waren seine Worte wenige Tage vor dem Großen Preis von Japan, dem 34. Rennen in der noch jungen Formel-1-Karriere des hoffnungsvollen und so sympathischen Franzosen. Es wurde sein letztes. Jules Bianchi erlag am Freitagabend in seiner Heimatstadt Nizza seinen schweren Verletzungen, die er beim Grand Prix am 5. Oktober 2014 in Suzuka erlitten hatte. Er wurde nur 25 Jahre alt.

Nicht zum ersten Mal wurde die leidenschaftliche Motorsport-Familie Bianchi auf die tragische Weise getroffen. Bianchis Großvater Mauro wurde als Sportwagen-Fahrer bekannt, 1968 verunglückte er beim 24-Stunden-Rennen von Le Mans. Er zog sich schwere Brandverletzungen zu. Sein Bruder Lucien - Jules' Großonkel - gewann damals den Klassiker. Ein Jahr später starb Lucien Bianchi, der auch 17 Mal in der Formel 1 gestartet war, bei Testfahrten in Le Mans.

Ungeachtet der schmerzvollen familiären Vergangenheit wollte Jules Bianchi nur eines: Formel-1-Pilot werden. Geboren am 3. August 1989 in Nizza an der französischen Côte d'Azur verkörperte er auch die Hoffnungen auf neue Erfolge der Grande Nation. Übers Kart stieg Bianchi 2007 in den Formel-Sport ein.

Ende 2009 absolvierte er Testfahrten für Ferrari und wurde in die „Driver Academy“ des italienischen Rennstalls aufgenommen. Danach empfahl er sich mit dem Team ART als zweimaliger Dritter in der Nachwuchsserie GP2 für die Königsklasse des Motorsports.

2012 folgte dann endlich der Schritt in die Formel 1. Bianchi wurde zum Ersatzfahrer des Force-India-Rennstalls berufen. Nebenbei ging er in der Formel Renault an den Start. Drei Siege und insgesamt acht Podiumsplätze bescherten Bianchi letztlich den zweiten Gesamtrang - und ein Engagement als Stammfahrer beim russischen Team Marussia, das die Antriebe seiner Autos von Ferrari bekommt.

In seinem ersten Formel-1-Jahr als Einsatzfahrer kam er im unterlegenen Wagen 2013 einmal sogar auf Rang 13. Es war in Malaysia, bei Bianchis zweitem Grand Prix. Seinem Team bescherte das im Duell mit Caterham den zehnten Platz in der abschließenden Konstrukteurswertung.

In diesem Jahr gelang Bianchi in Monaco eine kleine Sensation. Trotz zweier Strafen wurde er beim Klassiker Neunter. Diese zwei Punkte sind bis heute die einzigen, die der Rennstall Marussia in seiner Formel-1-Zeit sammeln konnte.

Es sei ganz schön stressig gewesen, sagte Bianchi damals. Vielmehr könne er gar nicht erzählen. „Es war einfach wunderbar.“ Die noch junge Karriere des aufstrebenden Piloten endete rund vier Monate später auf grauenvolle Weise.