Red Bull will es wissen: „Was ist noch möglich?“

Spielberg (dpa) - Wende oder Ende beim Heimspiel im Red-Bull-Land? Vor der Rückkehr Österreichs in den Formel-1-Kalender nach elf Jahren Pause herrscht im Weltmeister-Team um Vierfach-Champion Sebastian Vettel noch immer Unsicherheit, welche WM-Ziele in diesem Jahr noch erreichbar sind.

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„Es wurden bereits scharfe Worte mit Renault gewechselt. Ansonsten wäre auch unser bisheriger Aufholprozess nicht möglich gewesen“, sagte Red-Bull-Motorsportchef Helmut Marko im hauseigenen Sender Servus TV. „Jetzt wollen wir wissen: Wo stehen wir mit diesem Motor und was ist diese Saison noch möglich? Wir wollen spätestens 2015 mit unserem Motor auf Augenhöhe mit Mercedes sein.“

Immerhin reisen die Roten Bullen zur Freude der Marketing-Strategen des Brauseherstellers mit der Empfehlung des ersten Grand-Prix-Sieges von Vettels Teamkollegen Daniel Ricciardo in Montreal zum Red-Bull-Ring in die steirische Provinz nach Spielberg. So recht weiß aber noch niemand, was der erste Nicht-Mercedes-Erfolg in dieser Saison wert ist.

Vettels Aussage nach dem WM-Lauf in Kanada, „dass auf der Geraden mit der Gurke nix geht“, lässt erahnen, wie sehr der Frust an dem 26 Jahre alten Heppenheimer über die Motoren-Unterlegenheit seines Boliden nagt. Mentor Helmut Marko hatte noch vor dem Sieg Ricciardos vor anderthalb Wochen angekündigt, sich nach dem Grand Prix von Österreich mit Renault zusammenzusetzen und Bilanz zu ziehen.

Denn dass Red Bull entscheidend an die Dominatoren dieser Saison herangerückt ist, darf bezweifelt werden. Auch der Triumph in Kanada war nur möglich, weil sich die Silberpfeil-Protagonisten Nico Rosberg und Lewis Hamilton an der Spitze gegenseitig bis in den technischen Defekt trieben. Erst fiel Hamiltons Bremse aus, dann musste Rosberg am Ende des Rennens wegen Problemen am Energierückgewinnungssystem mit 160 PS wieder auskommen - und wurde dennoch Zweiter.

„Wir wissen genau, was es war. Das wird nicht mehr passieren“, versprach Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff. Grund für die technischen Probleme an den Rennautos sei ein neues Kühlaggregat gewesen. „Wir haben gewisse Temperaturen überschritten, das war eine Fehleinschätzung“, meinte der Österreicher.

Die Hitze des Gefechts zwischen Wolffs rasenden Angestellten scheint sich vorerst abgekühlt zu haben. So gab es von Hamilton nach seinem Frustrennen in Montreal kein böses Wort in Richtung Rosberg. Haben sie sich wieder lieb? Von wegen, meint Wolff: Zwei Rennfahrer könnten „nicht miteinander befreundet sein, schon gar nicht als Teamkollegen“.

Neuer Zoff scheint eine Frage der Zeit zu sein. Hamilton muss wieder pushen. Er ist vor dem achten von neun Rennen in derselben Position wie nach dem Auftakt-Grand Prix in Australien, als er wie in Kanada ausgefallen war. Der Weltmeister von 2008 brauchte vier WM-Läufe, um wieder nach Punkten auf Augenhöhe mit Rosberg zu sein.

„Ich habe vorher aufgeholt und ich kann es wieder schaffen“, gab er sich kämpferisch. „Ich benötige erneut vier Siege, um den Rückstand wieder aufzuholen.“ Der Abstand zum WM-Spitzenreiter Rosberg (140 Punkte) beträgt 22 Zähler. Es seien noch genug Rennen, meinte auch Wolff: „Sein Titelkampf ist also noch lange nicht vorbei.“ Schärfster Verfolger des Silber-Duos ist Ricciardo (79). Vettel (60) rangiert hinter Ferrari-Fahrer Fernando Alonso (69).

Die Hochgeschwindigkeits-Strecke im Murtal sollte Mercedes in jedem Fall entgegenkommen. Die Mehrzahl der Fans wird aber Red Bull zujubeln. Möglich gemacht hat das Österreich-Comeback Vettels Chef Dietrich Mateschitz. Der Milliardär hat Aber-Millionen in den Kurs und die Infrastruktur gesteckt, um Felix Austria nach elf Jahren wieder ein Rennen zu bescheren. Die Vorfreude ist offenbar groß: Innerhalb von zwei Tagen war der Grand Prix am Sonntag (14.00 Uhr/RTL und Sky) mit 95 000 Zuschauern ausverkauft.