Rosberg und Hamilton: „Wir werden hart für Jules fahren“

Budapest (dpa) - Die tief bewegende Trauerfeier für Jules Bianchi hat das sportliche Geschehen vor dem Großen Preis von Ungarn zumindest vorübergehend zur Nebensache gemacht.

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Der emotionale Abschied von ihrem früheren Formel-1-Kollegen in der Cathédrale Sainte-Réparate in Nizza bedrückte und belastete viele Fahrer.

Selbst das packende WM-Duell zwischen Titelverteidiger Lewis Hamilton und Vizechampion Nico Rosberg spielt für einige Tage nur eine untergeordnete Rolle. „Es war unglaublich hart für uns alle, von Jules Abschied zu nehmen“, sagte Hamilton. „An diesem Wochenende wird jeder im Fahrerlager die gleichen Gefühle teilen“, versicherte Rosberg.

Vor dem zehnten Saisonlauf am Sonntag auf dem Hungaroring soll mit einer Schweigeminute an den ehemaligen Marussia-Piloten Bianchi erinnert werden. Der 25 Jahre alte Franzose war neun Monate nach seinem schweren Unfall beim japanischen Grand Prix in Suzuka am Freitag gestorbenen.

„Ich werde Jules in meine Gebete und Gedanken einschließen, nicht nur bei diesem Rennen, sondern bei allen weiteren in meiner Rennfahrerkarriere“, erklärte Hamilton. „Ich weiß, dass er wollen würde, dass wir weiter so hart fahren wie er, und das habe ich vor.“ Teamkollege Rosberg wies ebenfalls darauf hin, dass es trotz aller Trauer und Betroffenheit weitergehe: „Wir werden hart für Jules fahren, wie er es sich selbst gewünscht hätte.“

Beispiele für knallharte Duelle im Grenzbereich haben die beiden Silberpfeil-Streithähne schon genügend geliefert. Berühmt-berüchtigt waren der handfeste Hauskrach vor einem Jahr auf eben dem Hungaroring und vier Wochen später die Schlitz-Affäre von Spa-Francorchamps.

Hamilton hatte im vergangenen Juli die Teamorder, Rosberg passieren zu lassen, einfach ignoriert. Der wegen einer anderen Reifenstrategie eigentlich schnellere Deutsche büßte dadurch seine Siegchance ein und belegte hinter dem britischen Boykotteur nur den vierten Rang. „Im vergangenen Jahr verlief das Rennen für mich nicht ideal“, erinnerte Rosberg daran. Red-Bull-Rivale Daniel Ricciardo nutzte den Zwist zu seinem zweiten Saisonsieg.

Direkt nach der Sommerpause profitierte der Australier erneut vom erbarmungslosen Kampf des Mercedes-Duos. In Belgien war allerdings Rosberg der Bösewicht, weil er Hamilton einen Reifen aufgeschlitzt hatte.

Rosberg machte nun vor dem Ungarn-Lauf kein Hehl daraus, dass das einst freundschaftliche Verhältnis zwischen ihm und Hamilton längst abgekühlt ist. „Ich finde, es ist neutral“, sagte der gebürtige Wiesbadener. Sie beide hätten nun mehr Erfahrung im Umgang mit der Situation WM-Duell. Der Konkurrenzkampf sei nun nicht weniger intensiv als im Vorjahr, „aber doch anders“.

Anders ist für Rosberg auch, dass er im Gegensatz zu 2014 die WM vor Ungarn nicht anführt, sondern mit 177 Punkten als Gesamtzweiter 17 Zähler hinter Hamilton (194) liegt. „Das ist weniger als ein Rennen“, rechnete er vor. Gewinnt Rosberg und Hamilton wird maximal Siebter, geht er als neuer Spitzenreiter in die Sommerpause. Sollte der dreimalige Saisonsieger auf dem Berg-und-Tal-Kurs den zweiten Platz belegen, müsste Hamilton leer ausgehen. Denn dank seiner bislang fünf Siege bliebe der Brite bei Punktgleichstand vorn.

Gegen einen Hamilton-Patzer spricht aber dessen beeindruckende Bilanz auf der langsamsten permanenten Strecke im WM-Kalender. Mit vier Siegen hält er gemeinsam mit Michael Schumacher hier den Rekord. Rosberg gewann die Hitzeschlacht in der Puszta noch nie.

Angesichts der bislang erdrückenden Dominanz spricht - jedenfalls bei einem normalen Rennverlauf ohne verhängnisvolle Rempeleien oder Befehlsverweigerungen - alles für einen weiteren Mercedes-Sieg. Nur Ferrari-Star Sebastian Vettel konnte mit seinem Triumph in Malaysia diese Phalanx einmal brechen. Dass der Branchenprimus in einer eigenen Liga fährt, unterstreichen auch die sechs Doppelerfolge in den bisherigen neun Rennen.