Rosberg will Serie fortsetzen - Hamilton in der Karibik
Barcelona (dpa) - Die etwas trägen Schafe machten Nico Rosberg bei seinem Aufstieg auf den knapp 1000 Meter hohen Col de Madone nur widerwillig und unter lautem Blöken Platz.
Freiwillig und geräuschlos werden auch die Formel-1-Konkurrenten dem seit sieben Rennen unaufhaltsamen Spitzenreiter beim Großen Preis von Spanien nicht den rekordnahen achten Triumph in Serie überlassen. „Im Sport gibt es Höhen und Tiefen. Es geht darum, mental darauf vorbereitet zu sein und gestärkt zurückzuschlagen, wenn es so weit kommen sollte“, betont Rosberg vor dem fünften WM-Rennen dieser Saison.
Der gebürtige Wiesbadener erlebt derzeit das längste Hoch seiner Karriere, die vor zehn Jahren begann. Er fühle sich „pudelwohl im Auto. Das ist großartig, da ich daraus dieses unglaubliche Selbstvertrauen ziehe, bis an die Grenzen zu gehen.“
Die ersten vier Saisonrennen hat er gewonnen und Titelverteidiger Lewis Hamilton mit 43 Punkten Rückstand auf den zweiten Platz verbannt. Sebastian Vettel, mit großen Ambitionen in seine zweite Ferrari-Saison gestartet, reist mit 67 Punkten Rückstand auf Rosberg zum Europa-Auftakt. „67 Punkte Vorsprung wären mir auch lieber“, konstatierte Vettel in einem Interview der „Sport Bild“. Allerdings verwies er auf den noch frühen Zeitpunkt in der Saison. „Ich bin jetzt schon eine gute Zeit dabei, und ich kann mich nicht erinnern, dass man vorher schon mal nach vier Rennen über die Meisterschaft gesprochen hat.“
Vettel und Hamilton, beide haben nach Pannen und Unfällen mehr als nur den Wunsch nach schneller Wiedergutmachung. Das weiß auch Rosberg: „Es sind noch 425 Punkte zu vergeben - und noch kann alles passieren.“
Hamilton, der seit seinem Sieg und dem Titelgewinn in Austin am 25. Oktober 2015 Rosberg nicht mehr bezwingen konnte, wird sich nicht geschlagen geben. „Keine Schwäche“, schrieb er über ein Foto am Strand von Barbados, wo sich der Dauer-Jetsetter am Wochenende zwischen dem Russland-Rennen und dem Spanien-Lauf beim Festival of Speed wieder in den Angriffsmodus brachte. Ein anderes Foto zeigte den 31 Jahre alten Briten in Kämpferpose.
Gedanken an eine Verschwörung, wie sie nach dem neuerlichen Defekt-Pech an seinem Silberpfeil in Sotschi auftauchten, will Hamilton nicht verschwenden. „Denkt nicht weiter darüber nach, dass mein Team mir etwas Unrechtes antun würde“, schrieb er: „Es läuft zwar gerade nicht nach Plan, aber es wird sich alles mit der Zeit entwickeln.“ Sein Selbstvertrauen ist nach drei WM-Titeln sowie 43 Grand-Prix-Siegen unerschütterlich. „Ich weiß, dass ich noch immer schnell bin. Dessen bin ich mir seit dem ersten Testtag bewusst. Wann immer ich in dieser Saison freie Fahrt und ein unbeschädigtes Auto hatte, habe ich das auch auf der Strecke gezeigt.“
Durch technische Defekte und auch schlechte Starts hatte Hamilton im Gegensatz zu Rosberg allerdings in diesem Jahr selten freie Fahrt. Bislang sei es alles andere „als eine Kaffeefahrt“, meint Mercedes-Teamchef Toto Wolff. „Wir hatten Probleme, an deren Lösung wir hart arbeiten. Wir spüren den Atem unserer Gegner im Genick, die uns unablässig weiter antreiben.“
Der erste Verfolger des Mercedes-Duos heißt aber nicht Vettel, sondern Kimi Räikkönen. Zwei Rennen ohne Punkte, zuletzt in Russland verschuldet durch den hernach von Red Bull zum B-Rennstall Toro Rosso degradierten Daniil Kwjat, haben Vettel nach nicht mal einem Viertel der Saison schon empfindlich zurückgeworfen. Fünfter ist der Barcelona-Sieger von 2011 nach dem Frust von Sotschi im Klassement. Räikkönen hat als Dritter auch schon 57 Zähler weniger als Rosberg.
In Barcelona am Sonntag (14.00 Uhr) und zwei Wochen später beim Klassiker in Monaco wird sich zeigen, ob Ferrari mit Vettel tatsächlich noch Druck auf Mercedes ausüben kann oder letztlich Rosberg wirklich nur von Hamilton gestoppt werden kann. Acht Siege in Serie gelangen bislang nur Vettel (2013), er wurde damals sogar erst nach neun Erfolgen gestoppt.
Egalisieren könnte Rosberg diesen Rekord theoretisch in Monte Carlo, wo er aufwuchs und lebt. Doch während ihm die Schafe beim Trainingslauf in der Wahlheimat vor dem Abflug nach Barcelona dann doch noch den Weg frei machten, wird Hamilton seinen Teamrivalen nicht mal widerwillig auf den WM-Gipfel lassen.