Schumachers Zustand stabil - aber weiter kritisch
Grenoble (dpa) - Nach 48 Stunden zwischen Leben und Tod hat sich der Zustand von Michael Schumacher zumindest stabilisiert. „Das ist für den Moment eine gute Nachricht. Ich betone: für den Moment“, sagte Schumachers Managerin Sabine Kehm vor dem Universitätskrankenhaus in Grenoble.
Dort liegt der Rekordweltmeister seit vergangenem Sonntag. Schumacher hatte sich bei einem Skiunfall schwer am Kopf verletzt, musste zwei Mal operiert werden und ist im künstlichen Koma. Weltweit ist die Anteilnahme überwältigend.
Die Lage bleibe unverändert kritisch, sagte Kehm vor Schumachers 45. Geburtstag am 3. Januar. „Michael wird weiter rund um die Uhr überwacht, die Ärzte kümmern sich sehr um ihn“, sagte Kehm.
Prognosen wollten die behandelnden Ärzte und Kehm nicht machen. „Es lässt sich nicht sagen, was in den kommenden Tagen passiert“, sagte die Managerin. „Es liegt noch ein langer Weg vor ihm“, sagte Jean-François Payen vom behandelnden Ärzteteam.
Die Kopfverletzungen sind gravierend. Schumacher erlitt bei dem Aufprall auf einen Felsen im Skigebiet von Méribel ein schweres Schädel-Hirn-Trauma. In einer zweiten Operation am Montagabend war dem siebenmaligen Rekordchampion ein Hämatom in der linken Gehirnseite entfernt worden. Der zweistündige Eingriff war ohne Komplikation verlaufen. Der Innendruck auf den Schädel konnte so verringert werden. „Wir haben mehr Zeit gewonnen“, sagten die Mediziner in einer Pressekonferenz.
Weitere 24 Stunden später betonte Kehm bei einer chaotischen Presserunde vor zahlreichen Kameras und Journalisten: „Wir sind erst am dritten Tag nach dem Unfall, wir müssen mit den Einschätzungen alle sehr vorsichtig sein.“
Schumacher, dessen Helm Medienberichten zufolge bei dem Aufprall gebrochen war, hat offensichtlich noch weitere Blutgerinnsel im Gehirn. Die anderen Hämatome seien schwerer zugänglich, erklärten die Ärzte.
Ein Team von sieben Spezialisten kümmert sich um den 44-Jährigen, alles geschieht in enger Absprache mit Schumachers Familie, die sich in Grenoble aufhält. Sohn Mick (14) hatte zur Ausflugsgruppe gehört. Gattin Corinna, Tochter Gina-Maria (16), Bruder Ralf und Vater Rolf sind auch da. „Es ist immer jemand von der Familie bei ihm“, schilderte Kehm, die Schumacher zuerst als Sprecherin und jetzt als Managerin nahe steht. „Der Familie geht es nicht besonders gut, nähere Angaben kann und will ich dazu nicht machen.“
Sicherheitskräfte bewachen die fünfte Etage der Universitätsklinik. Dennoch versuchte ein Journalist, sich nach Kehms Darstellung als Priester verkleidet Zugang zu verschaffen.
Langjährige Wegbegleiter wie Ross Brawn, zuletzt sein Teamchef bei Mercedes, oder Jean Todt, einst Teamchef bei Ferrari und jetzt Präsident des Internationalen Automobilverbandes, sind vor Ort. Weltweit bangen Ex-Kollegen und andere Sportler, Funktionäre wie FIFA-Präsident Joseph Blatter und auch der ehemalige US-Präsident Bill Clinton um Schumacher: „Ich bete für ihn und seine Familie.“
Schumachers schwerste Tage - trotz Unfällen in der Formel 1 und mit dem Motorrad - hatten mit einem Ski-Trip in Méribel begonnen. Schumacher verbringt dort oft Weihnachten, Silvester und Geburtstage mit Familie und Freunden.
Nachdem er einem Freund geholfen hatte, der auf einer markierten Piste gestürzt war, war Schumacher in den Tiefschneebereich zwischen zwei Pisten gefahren. Dort sei der 44-Jährige beim Ansatz zu einer Wende gegen eine Felsen gefahren und in die Luft geschleudert worden, berichtete Kehm, was ihr Begleiter erzählt hatten. Kopfüber sei er dann auf einen Felsen gestürzt.
Nachdem er an Ort und Stelle von Bergrettern notversorgt und mit dem Hubschrauber ins Krankenhaus nach Moûtiers geflogen worden war, wurde er weiter zu den Trauma-Spezialisten nach Grenoble transportiert. Dort war Schumacher umgehend operiert worden.
Dass sich Schumachers Zustand am Montag so entwickelt hatte, dass die zweite, nicht geplante, Operation möglich war, hatte die Ärzte nach eigener Aussage überrascht. Der Überdruck im Schädel habe zuvor größte Besorgnis ausgelöst, sagte Payen. 48 Stunden nach dem Unfall betonte der Leiter der Anästhesie-Abteilung, dass die Situation „etwas besser unter Kontrolle“ sei.
Deutlich wurde bei den Ausführungen der Mediziner aber auch, wie schlimm es um Schumacher gestanden hatte. „Wir müssen realistisch sein. Die ganze Familie ist sich im Klaren darüber, dass die Situation kritisch ist“, sagte Professor Gérard Saillant. Der Arzt ist seit Jahren mit Schumacher und dessen Familie befreundet.
Saillant hatte Schumacher nach dessen schwerstem Formel-1-Unfall 1999 in Silverstone behandelt. Er hatte sich einen Schien- und Wadenbeinbruch zugezogen. Nach dem Skiunfall war Saillant bereits am Sonntag in Grenoble angekommen.