Verfahren: Formel 1 sucht Weg aus der Red-Bull-Krise
Sotschi (dpa) - In der Motorenkrise um die Red-Bull-Teams findet die Formel 1 einfach keinen Ausweg und muss nun ein Mini-Starterfeld für 2016 fürchten.
Auch die Intervention von Chefvermarkter Bernie Ecclestone und intensive Verhandlungen mit allen Parteien während des Grand-Prix-Wochenendes in Sotschi brachten offenbar vorerst keine Lösung des Dilemmas. Jetzt wird die Zeit knapp. Finden der einstige Serien-Weltmeister Red Bull und der Schwester-Rennstall Toro Rosso bis Ende Oktober keinen neuen Triebwerksausrüster, will Geldgeber Dietrich Mateschitz beide Teams abmelden.
„Im Moment ist alles völlig offen“, sagte Red-Bull-Teamchef Christian Horner. Im Frust über die schwächelnden Renault-Motoren hatten die beiden Teams des Getränkekonzerns die Partnerschaft mit den Franzosen vorzeitig zum Saisonende gekündigt - ohne einen neuen Lieferanten in der Hinterhand. Gespräche mit Mercedes scheiterten, der Autobauer wird 2016 neben seinem Werksteam auch Williams, Force India und Manor ausrüsten. Auch Honda winkte ab.
Am Rande des fünftletzten Saisonlaufs am Schwarzen Meer sickerte durch, dass auch Ferrari nicht mit Red Bull ins Geschäft kommen will. Neben ihrer Scuderia stellen die Italiener auch für Sauber und das neue US-Team Haas Motoren her. Zwei weitere Kunden seien nicht zu schaffen, argumentiert Ferrari. Zudem dürfte die Sorge, dass Red Bull mit Ferrari-Motoren wieder ein harter Konkurrent sein könnte, eine gewichtige Rolle spielen.
Nicht ausgeschlossen ist auch, dass die Mitbewerber für den Fall eines Ausstiegs von Red Bull und Toro Rosso schon auf deren saftigen Anteil an den Vermarktungsmillionen spekulieren. Ingenieuren der beiden Teams sollen bereits Abwerbeangebote vorliegen.
Die Lage wirkt völlig verfahren. 1200 Angestellte bei Red Bull und Toro Rosso haben Angst um ihre Jobs, das von Red Bull gesponserte Österreich-Rennen könnte in Gefahr geraten. Auch für die Fahrer Daniel Ricciardo, Daniil Kwjat, Max Verstappen und Carlos Sainz geht es um die Zukunft. „Es ist eine schwierige Situation, aber ich muss darauf vertrauen, dass sie schon eine Lösung finden werden“, sagte der Spanier Sainz, der einen beängstigenden Trainingsunfall am Samstag wie durch ein Wunder ohne schwere Verletzungen überstand.
Letzte Hoffnung für Red Bull und Toro Rosso könnte nun ausgerechnet eine reuige Rückkehr zu Renault sein. Noch seien die Verträge nicht endgültig aufgelöst, hieß es. Doch das Verhältnis ist zerrüttet, die Wunden bei Renault wegen der öffentlichen Dauerklagen der Rennställe über die Motoren sind tief. „Wenn man sich anschaut, wie wir behandelt wurden, werde ich es dem Vorstand nur sehr schwer verkaufen können, dass wir etwas anderes machen als bislang geplant“, sagte Renault-Motorenchef Cyril Abiteboul dem Fachmagazin „Autosport“.
Eigentlich wollte Renault im kommenden Jahr wieder mit einem eigenen Werksteam starten und dazu den finanziell schwer angeschlagenen Lotus-Rennstall übernehmen. Doch auch diese Pläne stocken. Im schlimmsten Fall zieht Renault sich ganz zurück, Lotus rutscht in die Pleite und fehlt 2016 ebenso wie Red Bull und Toro Rosso in der Startaufstellung.
Ecclestone hätte dann nur noch acht Teams in seinem Zirkus - das wäre ein Fiasko. Da wirkte es schon ziemlich seltsam, als der 84-Jährige in Sotschi versicherte: „Alles wird gut.“ Woher er diese Zuversicht nahm, wusste Ecclestone indes nicht schlüssig zu erklären.