Zu Gast in Barcelona Weltmeister Rosberg auf Formel-1-Besuch
Barcelona (dpa) - Mit den Händen in den Taschen steht Nico Rosberg etwas verloren am verwaisten Mercedes-Kommandostand. Der Weltmeister ist aufgetaucht bei den Testfahrten der Formel 1 in Barcelona, doch Arbeit gibt es für ihn hier nicht mehr.
89 Tage liegt sein abrupter Ausstieg aus der Rennfahrer-Karriere zurück, an diesem sonnigen Mittwoch ist Rosberg in seinem einstigen Reich nur noch als Besucher dabei. „Ich genieße den Moment, diese Freiheit. Ich bin sehr glücklich, wie die Dinge gerade sind“, sagt der Champion im Ruhestand.
Rosberg trägt jetzt grau statt silber. Pullover, Jeans, Sneakers, Sonnenbrille - im lässigen Outfit beobachtet der 31-Jährige in der Garage das Treiben um den neuen Silberpfeil seines Nachfolgers Valtteri Bottas. Hier ein Selfie, da eine Umarmung mit seinen früheren Crewmitgliedern, die ihn auf dem beschwerlichen Weg zum WM-Triumph begleitet hatten. Rosberg hat sich entschleunigt, die Hektik und das Adrenalin der Formel 1 hinter sich gelassen.
Den eigentlich noch bis 2018 laufenden Fahrervertrag hat Mercedes „im gegenseitigen Einvernehmen“ aufgelöst. Es fiel der Spitze des Rennstalls nicht leicht, Rosbergs plötzlichen Entschluss zu akzeptieren. „Er musste sich strecken, das hat ihn körperlich und geistig viel Kraft gekostet. Und dann hat er sich gedacht, es gibt ein anderes Leben, als herumzureisen und sich diesem Stress auszusetzen“, sagt Teamchef Toto Wolff drei Monate später.
Nach zähen Verhandlungen mit Williams hat Mercedes den Finnen Bottas als Rosberg-Ersatz verpflichtet. Bevor Bottas am Mittwochmorgen wieder ins Auto steigt, wechseln beide ein paar Worte. „Er braucht keinen Rat von mir, er weiß, was er zu tun hat. Er passt gut zum Team und wird sich gut einfügen“, sagt Rosberg danach. Und wenn Bottas doch noch Gesprächsbedarf hat? „Wir können gern mal was zusammen trinken gehen.“
Es ist vielleicht kein Zufall, dass Rosberg den Circuit de Catalunya besucht, wenn Bottas Dienst hat und nicht etwa Lewis Hamilton, sein Dauerrivale der vergangenen Jahre. In den Titelduellen war die Freundschaft der beiden aus Kartzeiten zerbrochen. Irgendwann, sagt Rosberg, könne man das vielleicht wieder kitten. Hamilton aber solle nicht darauf hoffen, es künftig einfach mit seinem Teamkollegen zu haben, warnt Rosberg: „Valtteri ist ein guter Fahrer, also kann man auch erwarten, dass er Lewis fordern wird.“
Niemand zweifelt nach den ersten Test-Eindrücken daran, dass es für die Mercedes-Piloten auch in diesem Jahr wieder um die WM-Krone gehen wird. „Das wussten wir ja, dass Mercedes wieder ein gutes Auto bauen wird. Das ist keine Überraschung“, sagt Rosberg. Aber nein, er bedauere es immer noch nicht, beim Aufbruch in eine neue Formel-1-Ära nur Zaungast zu sein.
Ein wenig klingt der Weltmeister schon wie ein Fan, wenn er von den breiteren und schnelleren Boliden des Jahrgangs 2017 schwärmt: „Die Fahrer sind Gladiatoren dieses Jahr in diesen Autos, die werden voll an den Grenzen sein, auch physisch. Das ist genau richtig.“
Nach zwei Stunden lässt Rosberg seine Vergangenheit dann wieder hinter sich, schlendert aus dem angejahrten Fahrerlager. Was kommt als nächstes? „Ich werde mir Zeit nehmen, meine neue Richtung zu finden. Ich habe eine tolle Zeit und werde nichts überstürzen.“