Wettrennen um den besten Sprit
Barcelona (dpa) - Volltanken und los: So einfach geht es in der Formel 1 nicht. Die technisch hochgezüchteten Autos mit den neuen Turbomotoren und Hybridsystemen stellen die Sprit-Hersteller in der Motorsport-Königsklasse vor eine besonders große Herausforderung.
„Denn niemals zuvor wurden in der Formel 1 ein Antriebsstrang und sein 'Lebenssaft' so eng verknüpft entwickelt“, schreibt Mercedes-Partner Petronas. „Wir haben 2011 mit der Entwicklung des Benzins für dieses Jahr begonnen“, betonte Guy Lovett von Ferrari-Lieferant Shell.
Und alle versuchen, Rennen für Rennen noch mehr aus dem Sprit herauszuholen. Vor allem der schwächelnde Branchenführer Red Bull, der den Treibstoff von Total bezieht, wähnte sich zuletzt im Nachteil gegenüber Mercedes und Ferrari, was den Sprit betrifft. Also wurde auch für Sebastian Vettels RB10 schon wieder ein neuer Treibstoff entwickelt.
Welche Auswirkungen ein optimales Benzin auf die Leistung der Motoren hat, können die Ingenieure ausrechnen. Aber sie verraten es nicht. Die Sprit- und Ölexperten arbeiten unmittelbar mit dem Motoringenieuren zusammen. Zeigt eine Ölprobe beispielsweise abweichende Werte auf - zwischen Entnahme und Ergebnis liegen gerade mal etwa zwei Minuten - kann dies auf ein Problem mit dem Triebwerk hindeuten.
Je schneller das Resultat vorliegt, umso besser. Bei Rennen in Europa wie an diesem Wochenende auf dem Circuit de Catalunya liegt das Labor von Shell beispielsweise direkt eine Etage unter der Motorenabteilung in einem der riesigen Ferrari-Anhänger. Auch bei Mercedes prüfen die Experten Sprit und Öl in einem eigens eingerichteten Labor in einem der Team-Mobile auf Legalität und Sauberkeit.
So dürfen die Einspritzdüsen nicht von Ablagerungen aus dem Benzin blockiert werden. Sowohl die Spritmenge (100 Kilogramm pro Rennen) als auch die Durchflussrate (100 Kilogramm in der Stunde) sind vom Internationalen Automobilverband für die neuen Turbomotoren reglementiert worden. Mehr denn je muss jeder einzelne Bestandteil des Benzins zur Gesamtleistung beitragen - und etwa 200 Komponenten enthält das Benzin für einen Formel-1-Wagen. Ein vorgegebener Anteil davon muss biologischen Ursprungs sein.
Dass die Formel 1 die größte technische Reform ihrer Historie zu dieser Saison beschlossen hatte, stellte die Wissenschaftler, Techniker und Ingenieure auch in Sachen Öl vor weitere Herausforderungen. Statt des größeren 2,4-Liter-Antriebs mit acht Zylindern fahren Vettel und Co mit 1,6-Liter-Motoren und nur noch sechs Zylindern. Die neuen Motoren werden heißer, daher ist eigentlich ein dickflüssigeres Öl gefragt. Allerdings muss es auch eine kühlende Funktion erfüllen, daher dünnflüssiger sein.
Öl und Benzin sind praktisch das Blut im Innenleben der Formel-1-Autos. Und auch für die Fahrer ein spannender Aspekt. Als Fernando Alonso im vergangenen Jahr einmal in Hamburg bei Shell den Sprit für seinen Ferrari begutachtete, war er ganz erstaunt, dass das Benzin praktisch farblos war.