Kanada-Grand-Prix Hamilton schlägt mit Sieg zurück - Vettel rettet Platz vier
Montréal (dpa) - Kanada-Spezialist Lewis Hamilton hat mit einem Start-Ziel-Sieg auf seiner Paradestrecke das Unfallpech von Sebastian Vettel genutzt und im Formel-1-Titelrennen kräftig aufgeholt.
Weil der deutsche WM-Spitzenreiter nach einem frühen Schaden an seinem Ferrari trotz starker Aufholjagd nur Vierter wurde, verkürzte der Brite im Mercedes mit seinem sechsten Sieg in Montréal den Rückstand in der WM von 25 auf zwölf Punkte. „Ich bin wirklich auf Wolke sieben“, sagte Hamilton, der den 56. Grand-Prix-Sieg seiner Karriere auf der Ehrenrunde mit einer britischen Flagge bejubelte.
„Hamilton war überragend. Wir werden bis zum Saisonende mit Ferrari kämpfen“, sagte Mercedes-Teamchef Toto Wolff. Als Zweiter sorgte der Finne Valtteri Bottas für den ersten Doppelerfolg der Silberpfeile in diesem Jahr. Als Dritter durfte auch der australische Red-Bull-Fahrer Daniel Ricciardo noch zur Siegerehrung und trank prompt wieder Champagner aus seinem verschwitzten Rennschuh.
Vettel indes erlebte einen harten Arbeitstag, nachdem ihm Red-Bull-Fahrer Max Verstappen kurz nach dem Start den Frontflügel so schwer beschädigt hatte, dass er zu einem frühen Reparaturstopp gezwungen war. Trotz gewagter Reifentaktik schaffte es der Hesse im siebten Saisonrennen zum ersten Mal nicht aufs Podium. „Wir hätten ein besseres Ergebnis rausfahren können, aber es ist okay“, sagte Vettel etwas gequält.
Nico Hülkenberg holte sich als Achter vier weitere WM-Punkte. Pascal Wehrlein kam im Sauber als 15. und Letzter ins Ziel.
Nach dem jüngsten Rückschlag in Monaco, als Hamilton wegen des launischen Silberpfeils nicht über Rang sieben hinauskam, hatte sich der 32-Jährige schon in der Kanada-Qualifikation eindrucksvoll zurückgemeldet. Mit einer Rekordrunde holte er sich die 65. Pole Position seiner Karriere und zog so mit seinem Idol Ayrton Senna auf Platz zwei der ewigen Bestenliste gleich. Der Lohn war ein Senna-Helm aus der Saison 1987, den die Familie der später tödlich verunglückten PS-Ikone dem sichtlich gerührten Hamilton überließ. Auf dem Weg zur Rekordmarke von Michael Schumacher mit 68 Pole Positions fehlen Hamilton damit nur noch drei Qualifikationssiege.
Dank seiner Gala vom Vortag stand der Mercedes-Star also bereits zum sechsten Mal in Kanada am Start ganz vorn. In Montréal hatte Hamilton 2007 in seiner Debütsaison seinen ersten Grand Prix gewonnen, seither ist er so etwas wie ein Spezialist für die Strecke rund um das Ruderbecken von Olympia 1976. Auch diesmal verteidigte Hamilton am Start sicher Platz eins.
Dagegen erwischte Vettel von Platz zwei einen ganz schwachen Start. Verstappen schoss am WM-Führenden vorbei, fügte Vettel dabei aber den folgenschweren Schaden zu. Auch Bottas im zweiten Mercedes zwängte sich noch vor Vettel. Dahinter krachte es. Carlos Sainz attackierte zu heftig und knallte im Toro Rosso in den Williams von Felipe Massa. So musste schon nach 40 Sekunden das Safety-Car ausrücken.
Als das Rennen drei Runden später wieder freigegeben wurde, konnte Vettel mit seinem lahmenden Ferrari der Spitze nicht mehr folgen und musste kurz darauf an der Box zum Flügelwechsel vorfahren. Das gesamte Feld zog am Heppenheimer vorbei. Kaum hatte der 29-Jährige seine Aufholjagd begonnen, musste er schon wieder abbremsen, weil Verstappen wegen eines technischen Defekts am Streckenrand ausrollte und die Rennleitung ein virtuelles Tempolimit verhängte.
Dann aber machte Vettel Platz um Platz gut. An der Spitze hatte indes Hamilton alles fest im Griff, drehte einsam seine Runden. Auch Teamkollege Bottas konnte dem Tempo des Kanada-Experten nicht folgen.
Überraschend stark hielten die beiden Force India von Sergio Perez und Esteban Ocon mit, die nach den ersten Boxenstopps auf den Rängen vier und fünf lagen. Weil weder Vettel noch Teamkollege Kimi Räikkönen auf der Strecke vorbeikamen, holte sich das Ferrari für das letzte Renndrittel noch einmal frische Reifen. Als Räikkönen Probleme mit dem Auto bekam, schnappte sich Vettel Platz sechs. Wenig später drängte er sich mit einem knallharten Manöver auch noch an Ocon vorbei und ließ dann auf den letzten Kilometern auch noch Perez hinter sich. Mehr aber war diesmal einfach nicht drin.