Kitschiger als Hollywood: Abschied des Rallye-Königs
Straßburg (dpa) - Neun WM-Titel in Serie sind schon filmreif. Dass Sébastien Loeb seine einzigartige Rallye-Karriere mit einer unfassbaren Siegquote von 46,7 Prozent aber auch noch an jenem Ort beenden wird, wo sein Leben begann, wäre selbst dem fantasievollsten Drehbuchautor kaum eingefallen.
„Ein kitschigeres Ende könnte es wohl in keinem Hollywood-Film geben“, kommentierte sogar die World Rallye Championship auf der offiziellen Homepage. „Natürlich wird es sehr emotional werden“, prophezeite der jahrelange Hauptdarsteller und erfolgreichste Motorsportler der Welt.
Die Liste seiner Erfolge ist unglaublich: Weltmeister 2004, 2005, 2006, 2007, 2008, 2009, 2010, 2011 und 2012. 78-maliger Rallye-Sieger. Insgesamt 116 Mal stand Loeb auf dem Podium. Eine Karriere wie Michael Schumacher in der Formel 1, der einst sieben Titel holte, fünf davon nacheinander. „Sieben, acht, oder neun Titel werden mein Leben nicht verändern“, sagte Loeb einmal: „Ich genieße den Moment und es gefällt mir, zu tun, was ich tue.“
Und er tat es fast immer besser als alle anderen. 1999 feierte Loeb sein WM-Debüt in Spanien. Bis zu seiner ersten kompletten Saison dauerte es noch ein wenig. 2003 absolvierte der Elsässer alle WM-Läufe, sicherte sich prompt den Sieg beim Klassiker in Monte Carlo und wurde am Ende Vizeweltmeister. Im Jahr danach stand Loeb über allen. „Dieser Typ ist eine Ausnahme“, sagte einmal der aktuelle Formel-1-Dominator Sebastian Vettel über Loeb.
Was Vettel der Finger, ist Loeb der Rückwärtssalto von der Motorhaube seines Citroën. Seit mehr als zehn Jahren fährt er für den französischen Autobauer, mit ihm wird Loeb komplett in die Tourenwagen-WM wechseln. „Ich werde fahren, Wettbewerbe bestreiten und für dasselbe Team testen wie bisher. Dadurch kann ich das Ende meiner WRC-Karriere sicher leichter akzeptieren“, sagte Loeb. Für seinen buchstäblichen Wegbegleiter und langjährigen Co-Piloten Daniel Elena sei es wahrscheinlich schwieriger, mit der Rallye-WM aufzuhören, meinte Loeb.
Für Loeb schließt sich ein Kreis. „Ich habe nichts dagegen, in Frankreich mein letztes Rennen zu bestreiten. Die Atmosphäre ist fantastisch. Das ist die schönste Rallye der ganzen Saison“, meinte der Franzose, dessen Landsmann und Ex-Teamkollege Sébastien Ogier nur noch einen Punkt braucht, um als erster Champion nach der Ära Loeb festzustehen.
Den Sieg beim Heimrennen will aber vor allem Loeb. 2010 gewann er unter anderem das Rennen, als es erstmals in seiner Heimatstadt ausgefahren wurde - er wurde damals zum siebten Mal Weltmeister. „Als Champion in meiner Heimat in Haguenau gekrönt zu werden, hätte ich mir niemals erwartet“, erinnerte er sich. „Als ich meine Frau, Severine und meine Freunde auf der Straße zurück nach Straßburg gesehen habe, konnte ich mir ein paar Tränen nicht zurückhalten.“
Den WM-Titel wird er diesmal nicht mehr holen können, nachdem er nur noch bei vereinzelten Saisonläufen an den Start ging. Der Sieg aber wird sein Ziel sein. Und Tränen wird es auf jeden Fall geben. Die dürfen schließlich auch in Hollywood nicht fehlen.