Webber leidet als Vettels Schattenmann
London (dpa) - Im Schatten von Sebastian Vettel verkümmert Mark Webbers Formel-1-Karriere. Der Teamkollege bekommt vom Glanz des Doppel-Weltmeisters kaum etwas ab und scheint beim Red-Bull-Rennstall nur noch als Nummer 2 geduldet.
Seit Monaten leidet der Australier sichtlich unter Vettels Dominanz, die ihn zum Nebendarsteller im großen PS-Theater degradiert hat. „Sebastian ist für den Rest des Feldes der Maßstab. Er ist zweifacher Champion, ich nicht“, beschrieb Webber treffend die Rollenverteilung.
Seit August 2010 hat der 35-Jährige kein Rennen mehr gewonnen. Vettel feierte seither 13 Siege. „Im Vergleich mit Sebastian hat er es nun einmal nicht so leicht, weil Seb einfach der Beste ist“, meinte Formel-1-Chef Bernie Ecclestone. Doch auch die anderen WM-Aspiranten Jenson Button, Lewis Hamilton und Fernando Alonso waren in diesem Jahr zumindest einmal erfolgreich. Nur Webber fuhr bei keinem der 16 Saisonrennen als Erster durchs Ziel.
„Wenn Red Bull mit zwei Männern von seiner Sorte antreten würde, dann würden wir jetzt die Weltmeisterschaft anführen und könnten noch den Titel holen“, erklärte McLaren-Teamchef Martin Whitmarsh vor dem Südkorea-Rennen der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. Heißt: Vettel macht den Unterschied, Webber kann das nicht. Dabei galt der Red Bull RB7 zumindest bis weit in den Sommer als das überlegene Auto. Doch nur der Deutsche holte das Maximum aus seinem Dienstwagen heraus.
Webber reagierte zuletzt zunehmend dünnhäutig auf Fragen nach den Triumphen seines Stallkollegen. In Singapur beschimpfte er sogar einen Journalisten unflätig. „Mark leidet unter den Erfolgen von Vettel“, sagte Red-Bull-Motorsportberater Helmut Marko. Bei Vettels Titelparty in Japan war Webber schon im Schnellzug auf dem Weg nach Tokio. Eine Woche später posierte er in Südkorea mit gequälter Miene für das Jubelfoto nach dem Gewinn der Team-WM.
Doch Red-Bull-Besitzer Dietrich Mateschitz hat den derzeitigen WM-Vierten ins Herz geschlossen. Vettel und der Routinier seien eine „Wunschpaarung“, bekräftigte der Österreicher. So bekam Webber noch einmal einen neuen Vertrag für 2012. „Ich habe wieder unterschrieben, weil ich keine Wahl hatte“, gestand der 173-malige Grand-Prix-Teilnehmer.
Im Jahr 2002 hatte Webber sein Formel-1-Debüt für Minardi gegeben. Seit 2007 fährt er für Red Bull, sechs Rennsiege stehen in der Bilanz. Im Vorjahr hatte er noch vor dem Saisonfinale in Abu Dhabi rechnerisch eine bessere Titelchance als Vettel. Doch es triumphierte der Heppenheimer und stieg endgültig zum Chefpiloten des Teams auf.
Schon heißt es, Webbers australischer Landsmann Daniel Ricciardo werde durch die von Red Bull finanzierten Einsätze beim Außenseiter HRT auf die baldige Nachfolge als Vettels Adjutant vorbereitet. Doch noch glaubt Webber an eine bessere Zukunft im internen Duell. „Ich muss mich vorbereiten, denn vielleicht wird er das neue Auto nicht mögen oder fühlt sich nicht wohl damit“, sagte er. Ein vager Hoffnungsschimmer. Denn die meiste Mitsprache beim neuen Boliden hat für gewöhnlich der Weltmeister.