Kampf gegen Sportbetrug NADA-Vorstandschefin zu McLaren-Report: „Ein guter Tag“

Düsseldorf (dpa) - Auch Andrea Gotzmann, die Vorstandsvorsitzende der Nationalen Anti-Doping-Agentur (NADA), erwartet mit Spannung den zweiten Russland-Doping-Report des Ermittlers Richard McLaren am Freitag.

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„Für mich ist das ein guter Tag, weil es zeigt, dass wir nicht wegschauen und nichts unter den Teppich kehren wollen“, sagte sie im Interview der Deutschen Presse-Agentur.

Was erwarten Sie vom zweiten McLaren-Report?

AndreaGotzmann: Wir sehen mit gemischten Gefühlen in Richtung London, weil zu befürchten ist, dass die neuen Ergebnisse noch einmal eine Steigerung zu dem sein werden, was wir an Enthüllungen aus dem ersten McLaren-Report kennen. Da der Whistleblower Grigori Rodschenkow sich erst im Mai 2016 geäußert hatte, mussten diese ersten Enthüllungen mit Blick auf die Olympischen Spiele in Rio aufgearbeitet und entsprechende Maßnahmen in Angriff genommen werden. Wir haben aus dem ersten Bericht erfahren, dass noch eine Vielzahl von Informationen, Datenträgern und Aussagen da sind, deren Aufarbeitung deutlich mehr Zeit braucht. Und ich finde es gut, dass da ein klarer Schnitt gemacht und gesagt wurde: Wir spekulieren nicht, sondern müssen es sauber aufarbeiten.

Wird der Report über die Aufdeckung von Manipulation im Sotschi-Labor hinausgehen?

AndreaGotzmann: Das bleibt abzuwarten, mit welchen Detailinformationen Professor McLaren sich auseinandergesetzt hat. Aber ich glaube schon, dass wir eine umfassende Aufarbeitung der Daten und Informationen sowie Aussagen der Whistleblower erhalten werden. Einmal hat er hat ja die Veröffentlichung des Reports verschoben. Das zeigt, dass er keinerlei Druck nachgibt und gründlich arbeitet.

Was für Konsequenzen müsste es für Russland und das weltweite Anti-Doping-System geben, wenn der Blick in den Doping-Sumpf des Landes noch tiefer geht?

AndreaGotzmann: Ich habe immer noch den geringen Optimismus, dass wir ohne Rücksicht auf Institutionen und Personen jetzt mehr Licht ins Dunkel bringen und uns mit Nachdruck zielgerichtet den notwendigen Reformen in der internationalen Anti-Doping-Arbeit zuwenden können. Und das muss schnell passieren - das Tempo muss verschärft werden. Am Freitag werden wir eine Menge Informationen auf dem Tisch liegen haben. Dann geht es darum, den sauberen Athleten das Vertrauen in einen sauberen Sport zurückzugeben, in dem ganz schnell der Reformprozess in Gang gesetzt wird, damit so etwas wie im russischen Sport nie wieder passiert.

Ist der Ausschluss Russlands von den Olympischen Winterspielen 2018 Pyeongchange eine Option? In Rio konnte sich das Internationale Olympische Komitee nicht zu einem Komplett-Bann Russlands von den Sommerspielen durchringen.

AndreaGotzmann: Das muss zur Diskussion gestellt werden, wenn die Fakten auf dem Tisch liegen. Wir haben eine solche Forderung schon im Sommer gestellt mit dem Wissen, dass es vom Internationalen Paralympischen Komitee auch umgesetzt wurde. Auch der Leichtathletik-Weltverband hat russischen Athleten komplett ausgeschlossen, was unter anderem vor dem Internationalen Sportgerichtshof CAS Bestand hatte. Deshalb muss man sehen, was uns am Freitag erwartet und danach ohne Rücksicht auf Personen und Institutionen handeln. Sonst hat der Sport ein Glaubwürdigkeitsproblem, das er nicht mehr lösen kann.

Wird der Freitag ein frustrierender Tag für den Anti-Doping-Kampf?

AndreaGotzmann: Für mich ist das ein guter Tag, weil es zeigt, dass wir nicht wegschauen und nichts unter den Teppich kehren wollen. Wir haben nun wirklich eine Phase erreicht, in der es viele empört, dass so etwas geschehen ist und wir so etwas auch nicht mehr wollen. Deshalb sehen wir nun auch im Umfeld der Fachverbände eine Fraktion derer, die sich laut zu Wort melden und Verbesserungen fordern, was wir sehr begrüßen. Wir beobachten gemeinsam mit einigen anderen führenden nationalen Anti-Doping-Organisationen diese Entwicklungen, setzen uns zusammen und reagieren darauf.