12 Jahre nach Zabel: Degenkolb feiert Sieg in Hamburg
Hamburg (dpa) - Endlich ist der Knoten geplatzt: Als erster einheimischer Radprofi nach Erik Zabel 2001 holte sich John Degenkolb den Sieg bei den Hamburg Cyclassics.
Nach 246 Kilometern setzte sich der 24 Jahre alte Sprinter aus Gera, der bei der Tour de France vergeblich auf einen Etappensieg gehofft hatte, gegen André Greipel durch und sorgte für einen deutschen Doppelsieg. „Das war mein erster großer Klassikererfolg - ich bin sehr stolz“, sagte Degenkolb, der im Finale „Angst hatte, dass André von hinten noch vorbei kommt“.
Auf den letzten 200 Metern kämpfte Degenkolb Mann gegen Mann gegen Greipel und ließ dem deutschen Straßenmeister keine Chance. Damit musste der gebürtige Rostocker auf der Mönckebergstraße wie im Vorjahr auch bei der 18. Austragung des einzigen WorldTour-Rennens hierzulande mit Rang zwei zufrieden sein. Er unterlag um eine halbe Radlänge. Dritter wurde der Olympiadritte Alexander Kristoff aus Norwegen.
Nach der Zieldurchfahrt war Greipel stocksauer und wollte nichts sagen. Auf der Pressekonferenz hatte er sich gefangen und konnte seinen Frust in Zaum halten. „Heute war eben einer besser. Am Ende sind mir die Beine etwas eingeschlafen - Hamburg ist keine einfache Strecke“, sagte Greipel, der seinen wenig überraschenden WM-Verzicht für September bekanntgab: „Das ist kein Kurs für mich.“
Bis sieben Kilometer vor dem Ziel hatte der Niederländer Niki Terpstra alleine in Führung gelegen. Er hatte sich auf dem Anstieg zum Waseberg, der insgesamt viermal zu erklimmen war, von einer Spitzengruppe abgesetzt. Aber der Teamkollege von Tony Martin stand gegen die geballte Kraft der Verfolger im Finale auf verlorenem Posten. Im Spurt hatten Degenkolb und Greipel dieselbe gute Ausgangsposition. Die größeren Kraftreserven und vielleicht die Jugend gaben den Ausschlag für Degenkolb gegen seinen fünf Jahre älteren größten Widersacher.
Giro-Etappensieger Degenkolb trat in der Hansestadt die Nachfolge Zabels als einheimischer Sieger an. Bis Juni war der einst hochverehrte deutsche Topsprinter Sportdirektor der Cyclassics. Dann kam Zabels verspätetes Doping-Geständnis und der Verzicht auf den Posten. Abgehakt ist das Engagement für die Veranstalter aber noch nicht.
„Wenn Herr Zabel sich sortiert hat und bereit ist, aktiv an der Aufklärung mitzuarbeiten, ist es wichtig, dass er wieder eine Chance bekommt“, erklärte Cyclassics-Chef Frank Bertling. Durch die Zusammenarbeit mit der nationalen Anti-Doping-Agentur NADA versucht Zabel derzeit eine Art Resozialisierung.
Überschattet von schweren Stürzen haben etwa 20 000 Hobbyradfahrer bei den Jedermann-Rennen teilgenommen. Nach Angaben des Deutschen Roten Kreuz (DRK) erlitten zwei Teilnehmer schwerwiegende Schädelverletzungen. Beide konnten aber stabil ins Krankenhaus eingeliefert werden. Ein weiterer Fahrer wurde nach einem Herzinfarkt noch an der Strecke reanimiert werden.
An der Strecke sorgten nach Veranstalterschätzungen insgesamt 800 000 Zuschauer schon am Morgen für gute Stimmung. Über die Distanzen von 55, 100 und 155 Kilometer schwangen sich auch einige Prominente in den Rennsattel - unter anderem TV-Nachrichtenmann Marc Bator. Am Rande der Veranstaltung kam es zu Protesten von Umweltaktivisten gegen Sponsor Vattenfall.