Alpecin will deutsches Eliteteam

Visé (dpa) - Eigentlich ist es eine frohe Botschaft für die deutschen Radfans, aber die Skepsis überwiegt: Zwei Jahre nach dem Rückzug von Milram soll es 2013 wieder ein deutsches Team in der Eliteliga geben.

Die Bielefelder Pharma- und Kosmetik-Marke Alpecin und der US-Radhersteller Trek wollen es gemeinsam versuchen. Viele Experten aus der Radsport-Szene bestätigen die ehrgeizigen Bestrebungen, offizielle Stellungnahmen des Unternehmens gibt es dafür noch nicht. Rund acht Millionen Euro pro Saison wären nötig, um das Projekt auf solide Beine zu stellen. „Ich wäre für alle Angebote offen“, erklärte Routinier Danilo Hondo, dessen Vertrag zum Saisonende ausläuft, am Start der 2. Tour-Etappe in Visé.

Auch andere große Namen werden schon gehandelt: Die Luxemburger Brüder Andy und Frank Schleck und die deutschen Profis Linus Gerdemann und Jens Voigt sollen an der Spitze stehen. Sportliche Leiter sollen der Däne Kim Andersen, wie die Schlecks und der 40-jährige Voigt noch in Diensten von RadioShack-Nissan, und Ex-Profi Jörg Ludewig werden. „Ein neues, deutsches Team wäre auf jeden Fall zu begrüßen. Das ist ein großer Markt, und Deutschland ist in Europa wirtschaftlich am mächtigsten. Der Radfahren ist dort besonders im Breitensportbereich sehr populär“, sagte Weltverbandspräsident Pat McQuaid der Nachrichtenagentur dpa. Der Milram-Ausstieg hätte ihn 2010 „sehr traurig“ gemacht.

Alpecin outete sich erstmals im Februar als Radsport-affin. Als Repräsentant wurde der einzige deutsche Tour-de-France-Gewinner Jan Ullrich verpflichtet. Nach der Dopingsperre durch den Internationalen Sportgerichtshof CAS wegen seiner früheren Verwicklungen in die Fuentes-Doping-Affäre darf er allerdings im Moment nicht einmal unter Verbandsaufsicht stehende Hobbyrennen in Deutschland bestreiten. Im neuen Team soll er keine Rolle spielen. Anders als sein früherer Telekom-Team-Kollege Ludewig, der sich als derzeitiger Leiter des Jedermannteams bei Alpecin für höhere Aufgaben qualifiziert zu haben scheint.

Bei der komplizierten Team-Neugründung ist allerdings höchste Eile geboten. „Im September muss alles stehen“, meinte McQuaid. Nach den Richtlinien des Weltverbandes UCI müssen im August die ersten Unterlagen mit Finanzplänen und möglichst schon neuen Fahrer-Verträgen eingereicht werden. „Das dürfte nur schwer zu schaffen sein“, meinte der Däne Brian Nygaard, der vor zwei Jahren monatelang „Tag und Nacht“ alle Hände voll zu tun hatte, um das Leopard-Trek-Team mit den Schlecks, Voigt und Gerdemann auf die Beine zu stellen.

Daraus wurde dann in dieser Saison durch Fusion die vermeintliche Super-Mannschaft RadioShack-Nissan unter der Regie des umstrittenen Johan Bruyneel. Wegen seiner Verstrickung in den Dopingfall Armstrong musste der Belgier auf seinen Auftritt bei der aktuellen Tour de France verzichten. Seine Personalpolitik stieß nicht überall auf Zustimmung, so dass viele Fahrer weg wollen - etwa Gerdemann, der 2012 nicht zur Tour durfte. Alpecin/Trek könnte die Firma mit den offenen Armen sein. Aber dem Vernehmen nach sollen auch andere Interessenten als Mitsponsoren noch im Rennen sein.

„Einen Anruf mit einem konkreten Vertragsangebot für mich hat es noch nicht gegeben. Aber wo Rauch ist, ist auch Feuer“, sagte Voigt, der andeutete, dass das Vorhaben konkrete Formen haben könnte. „Vielleicht bieten sie mir einen Kombi-Vertrag an - noch ein Jahr als Fahrer und dann ins Management“, sagte der 40-Jährige am Montag.

Schon einmal wurde in Deutschland ein Radteam quasi im Handstreich aus dem Boden gestampft. Die Gründung der Coast-Mannschaft des Essener Finanzjongleurs Günther Dahms endete im Chaos. Da nützte auch die Verpflichtung des damaligen Topstars Ullrich wenig. Das Team verlor nach wenigen Monaten die Lizenz wegen Zahlungsunfähigkeit und wurde durch die italienische Formation Bianchi ersetzt, die dann die Startberechtigung für die Tour 2003 erhielt.