Beifall für Rückkehrer Martin: „Fast schon peinlich“
Frankfurt/Main (dpa) - Selten hat ein Viertplatzierter nach einem Radrennen solche Begeisterung erlebt wie Zeitfahrweltmeister Tony Martin. „Es ist mir fast schon peinlich, dass ich so viel Beifall bekommen habe“, sagte der 27-Jährige in Frankfurt.
Bei dem Radklassiker verpasste Martin einen Platz auf dem Treppchen nur um fünf Sekunden. Der Jubel von Hunderttausenden auf der Zielgeraden an der Alten Oper und der Strecke galt aber vor allem dem Eschborner Lokalmatadoren.
Der Sieg des Italieners Moreno Moser geriet angesichts des beeindruckenden Comebacks von Martin fast zur Nebensache. Auch für den deutschen Radprofi selbst war der vierte Platz drei Wochen nach einem der schwersten Stürze seiner Karriere Gold wert. „Das Ergebnis lässt mich zuversichtlich nach vorne blicken. Auch wenn ich gemerkt habe, dass ich noch nicht das Stehvermögen habe, eine Attacke bis zum Ende durchzuziehen“, erklärte Martin.
Äußerlich erinnerte nur noch ein blutunterlaufenes und geschwollenes linkes Auge an die schmerzhafte Kollision mit einem Auto Anfang April. „Ich war erstaunt, dass es nicht nur einigermaßen, sondern sehr gut lief. Letztlich haben nur noch ein paar Körner gefehlt“, sagte der Wahl-Schweizer am Dienstagabend.
Statt sich bei seinem Heimrennen langsam wieder einzurollen und die 200 Kilometer lange Taunusschleife als anspruchsvolle Trainingsfahrt zu nutzen, hatte Martin im vorletzten Anstieg am Mammolshainer Hang attackiert. Erst in der Anfahrt auf die Innenstadt wurde er von einer dreiköpfigen Verfolgergruppe um den späteren Tagessieger Moser eingeholt.
Als der Neffe von Radlegende Francesco Moser 200 Meter vor dem Ziel antrat, fehlte Martin schließlich der nötige Punch, um nachzusetzen. Dennoch wertete es der Profi von Omega Pharma-Quick Step, den seine Rippen beim tiefen Einatmen noch schmerzen, als gutes Zeichen, „dass mir die Beine heute mehr wehgetan haben“.
In den kommenden Wochen geht es für den Olympia-Hoffnungsträger vor allem darum, seinen Trainingsrückstand möglichst schnell aufzuholen und Wettkampfhärte zu gewinnen. Wie das genaue Rennprogramm aussehen wird, steht noch nicht fest, die Dauphiné Libéré soll als Tour-Generalprobe aber dabei sein.
Spätestens bei der deutschen Meisterschaft Ende Juni in Sachsen und der Tour de France im Juli will Martin, der noch auf seinen ersten Saisonsieg wartet, auch wieder auf dem Zeitfahrrad Erfolge einfahren. „Mit einem verkorksten Frühjahr kann ich leben, aber wenn die Ergebnisse nach der Tour nicht stimmen, wäre ich deprimiert“, sagte der Tour-Etappensieger. Im Blcik hat Martin dabei vor allem ein Ziel: Die Olympischen Spiele in London.