Cancellara gewinnt 97. Flandern-Rundfahrt
Oudenaarde (dpa) - Für Flandern-König Tom Boonen endete der Traum vom Rekordsieg auf dem harten Asphalt, stattdessen hat ein bärenstarker Fabian Cancellara zum zweiten Mal bei der „Ronde“ triumphiert.
Der Schweizer Klassikerspezialist holte sich bei der Zitterpartie im Alleingang den Sieg bei der 97. Flandern-Rundfahrt und verwies nach 256,2 Kilometern von Brügge nach Oudenaarde den Slowaken Peter Sagan und den Belgier Jurgen Roelandts auf die Plätze zwei und drei. Chancenlos beim Kampf der Giganten war dagegen John Degenkolb (Erfurt) als bester Deutscher auf dem 9. Platz, der Deutsch-Australier Heinrich Haussler wurde Sechster.
„Ich wollte attackieren, aber das hat bei dem Wind keinen Sinn gemacht, außer man heißt Cancellara. Das war schon krass, wie er gefahren ist“, sagte Haussler der Nachrichtenagentur dpa und Degenkolb ergänzte: „Eine Top-Ten-Platzierung bei einem Monument - ich bin sehr zufrieden. Nachdem die letzten Wochen für mich nicht ganz so leicht waren, bin ich optimistisch, dass ich wieder auf dem aufsteigenden Ast bin.“
Die Entscheidung fiel 14 Kilometer vor dem Ziel, als Cancellara am Paterberg mit einem kraftvollen Antritt unwiderstehlich davonzog. Lange Zeit hatte sich Sagan am Hinterrad des viermaligen Zeitfahr-Weltmeisters festgebissen, beim letzten Anstieg musste aber auch er kapitulieren. Zuvor hatten beim kräftezehrenden Ritt über die 17 giftigen Anstiege („Hellinge“) zeitweise auch der deutsche Sprinter André Greipel und sein Helfer Marcel Sieberg in einer Fluchtgruppe ihr Glück versucht, im Finish waren sie aber nicht mehr vertreten.
Als Cancellara jubelnd mit dem Victory-Zeichen über den Zielstrich auf der Minderbroedersstraat rollte, war der Arbeitstag seines großen Rivalen Boonen längst beendet. Der belgische Radstar, der mit einem vierten Sieg zum alleinigen Rekordgewinner aufgestiegen wäre, kam bereits nach 19 Kilometern zu Fall. Bei dem Sturz erlitt Boonen Prellungen und Schürfwunden an der linken Hüfte, am linken Ellbogen und am rechten Knie. Boonen wurde ins Krankenhaus von Roeselare gebracht, dort wurde die Wunde am Knie mit einigen Stichen genäht. Frakturen hat der Kapitän des Teams Omega Pharma-Quick Step nicht davongetragen.
Damit war wie im Vorjahr einer der großen Favoriten frühzeitig aus dem Rennen. 2012 war es Cancellara, der durch eine am Boden liegende Trinkflasche zu Fall gekommen war und dabei einen vierfachen Schlüsselbeinbruch erlitten hatte. „Das ist unglaublich. Vor einem Jahr war ich am Boden. Als großer Favorit zu gewinnen ist nicht leicht - ich bin sehr glücklich“, sagte Cancellara, der auch beim Olympiarennen in London schwer gestürzt war.
Diesmal erwischte es Boonen zur Enttäuschung der mehreren hunderttausend Radsport-Fans aus Belgien, die am Streckenrand trotz der eisigen Kälte für Volksfeststimmung sorgten. Laut Teamchef Patrick Lefevere wird Boonen auch in der kommenden Woche beim Klassiker Paris-Roubaix ausfallen. „Ein Start wäre keine gute Idee. Dafür müsste er am Montag oder Dienstag 250 Kilometer fahren. Das ist unmöglich“, sagte Lefevere dem belgischen TV-Sender Sporza.
Beim Start gegen 10.00 Uhr auf dem Grote Markt in Brügge war die Welt noch in Ordnung. Dick eingepackt hatten sich die Fahrer bei Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt auf die Reise durch Flandern begeben. Anschließend war es immer wieder zu Fluchtversuchen gekommen, große Zeitabstände ergaben sich aber nicht. Auch nicht, als Greipel 120 Kilometer vor dem Ziel am Molenberg attackierte. Gut eine Minute ließ das Feld den deutschen Sprinter und seine vier Mitausreißer davonziehen, 33 Kilometer vor dem Ziel war das Unterfangen beendet.