Deutsche Profis glänzen bei Tour-Generalprobe
Macon (dpa) - Drei Tagessiege nach vier Etappen: Deutsche Radprofis lassen bei der großen Tour-de-France-Generalprobe Dauphiné Libéré aufhorchen und machen Appetit auf mehr.
Das trifft in erster Linie auf Tony Martin zu, der auf die am Samstag beginnende Tour de Suisse verzichtete und der 63. Dauphiné-Rundfahrt den Vorrang gab. Dort gewann der Wahlschweizer in Grenoble als Mutmacher das 42,5 Kilometer lange Zeitfahren in großem Stil.
Auf identischem Kurs findet am 23. Juli auch der Kampf gegen die Uhr am vorletzten Tourtag statt. „Unser Ziel für Tony ist eine Top-Ten-Platzierung in Paris. Dazu würde auch Platz drei gehören“, sagte sein Teamchef Rolf Aldag, der gerade in Frankreich in dem zweimal erfolgreichen John Degenkolb einen neuen Sprinter-Stern aufgehen sah.
Für die diesjährige Tour sei der 22-jährige Neu-Profi aus Erfurt laut Aldag noch nicht vorgesehen, zumal sein HTC-Highroad-Team mit Mark Cavendish, Matt Goss und Mark Renshaw Spezialisten en masse hat. „Aber im nächsten Jahr könnte das sicher ein Thema sein“, sagte Aldag der Nachrichtenagentur dpa. Der Ex-Profi ist von Degenkolb begeistert: „Er hat sich schon zum Saisonstart in Mallorca von Tyler Farrar nicht die Butter vom Brot nehmen lassen. Er ist ein Typ wie Erik Zabel, der bei leicht ansteigenden Zielgeraden seine Trümpfe ausspielen kann“. In Macon hatte der Thüringer am Vortag seinen bereits sechsten Erfolg 2011 gefeiert und arrivierte Sprinter wie Farrar und Edvald Boasson Hagen in die Schranken gewiesen.
Mit 26 Jahren ist die Tour für den ehemaligen Polizeimeister Martin kein Zukunftsprojekt mehr. „Wenn er im Gesamtklassement etwas probieren will, dann in diesem Jahr“, meinte Aldag vor dem dritten Martin-Auftritt bei der „Großen Schleife“. Sein eindrucksvoller Zeitfahrsieg in Grenoble hätte ihm im Hinblick auf den Saisonhöhepunkt „viel Selbstvertrauen“ gegeben, gab der Wahlschweizer zu Protokoll. Ein Fragezeichen steht noch hinter Martins aktueller Bergfestigkeit. Die will er bei der Dauphiné auf Alpen-Anstiegen, die auch vier Wochen später im Tour-Programm stehen werden, weiter testen.
„Wir wollen ihn ohne Druck in die Tour gehen lassen. Ich wäre nervöser, wenn er im Vorjahr Fünfter geworden wäre“, sagte Aldag, der bei Martin auf gemischte Tour-Erfahrungen zurückblickt. 2009 war Martin (35. in Paris) bei seinem Debüt lange im Weißen Trikot des besten Nachwuchsfahrers unterwegs und hätte fast die legendäre Mont- Ventoux-Etappe gewonnen. Im Vorjahr (137.) kam die Ernüchterung mit großen Rückständen in den Pyrenäen und Niederlagen im Zeitfahren gegen Weltmeister und Olympiasieger Fabian Cancellara. Der Schweizer fehlte wegen der Tour de Suisse bei der Dauphiné, aber Martin richtete schon aus: „Bei der Tour de France werde ich im Zeitfahren noch etwas schneller sein.“
Nach der Dauphiné und der Rundfahrt durch die Schweiz, bei der in Andreas Klöden eine weitere einheimische Tour-Hoffnung an den Start geht, hat Aldag die Qual der Wahl bei der Aufstellung seines neunköpfigen Tourteams. Wieviel Unterstützung bekommt Martin, wie viele Sprinter als Cavendish-Begleitschutz fahren mit? Aldag stehen schwere Tage bevor.