Deutscher Radsport boomt - Nachrücker stehen bereit
Bensheim (dpa) - Die Tour-Stars Tony Martin und John Degenkolb firmieren unter der Überschrift „neuer deutscher Radsport“.
Doch mit dem U23-Zeitfahrmeister Lennard Kämna (18) und dem Elite-Straßenmeister Emanuel Buchmann (22) hat sich bei den deutschen Titelkämpfen auf dem selektiven Kurs von Bensheim schon die nächste Generation zu Wort gemeldet. Nur wenige Elitefahrer erreichten im Rennen danach die Zwischenzeiten Kämnas, der kurz nach seinem bestandenen Abitur schon wieder Grund zum Feiern hatte.
Als Buchmann Anfang vergangener Woche überraschend ins neunköpfige Tour-de-France-Aufgebot des Raublinger Zweitliga-Teams Bora-Argon 18 berufen wurde, hatten sich noch viele gewundert - und sein Mannschaftskollege Björn Thurau nach der eigenen Ausladung geärgert. Jetzt zweifelt niemand mehr.
Der neue deutsche Meister, der nach 204,8 beinharten Kilometern an der Bergstraße die Favoriten Degenkolb und Titelverteidiger André Greipel düpiert hatte, will bei der am Samstag in Utrecht beginnenden 102. Tour weiter auf sich aufmerksam machen. Auch wenn der Ravensburger ganz bescheiden als großes Tour-Ziel „durchhalten bis Paris“ zu Protokoll gibt und sein Teamchef Ralph Denk beschwichtigend abwehrt: „Bitte nicht zu viel erwarten — er ist doch noch so jung.“
Dass der Bora-Chef Tour-Überraschungen kreieren kann, bewies er im Vorjahr, als er noch bei NetApp Leopold König quasi aus dem Nichts auf den siebten Platz des Gesamtklassements lotste. In diesem Jahr soll der Tscheche im britischen Sky-Team mithelfen, dass Teamchef Chris Froome wieder Toursieger wird.
„Emanuel ist ein sehr starkes Rennen gefahren, hat zum Schluss ständig attackiert und verdient gewonnen“, sagte Degenkolbs Teamkollege und Vizemeister Nikias Arndt. Auch Konkurrent Linus Gerdemann, 2007 bei der Tour einen Tag in Gelb, lobte den Newcomer: „Er war der Stärkste am Berg.“ Verbandschef Rudolf Scharping sah sich bestätigt: „Wir haben einen ganz starken Nachwuchs. Da braucht uns nicht bange zu werden.“
Die beiden großen Verlierer Degenkolb und Greipel konnten sich gegenseitig trösten. Sie waren dennoch zufrieden mit ihrer Form und fahren zuversichtlich am Mittwoch nach Utrecht. „Ich stehe gut im Saft. Meine erste Priorität ist ein Etappensieg. Vielleicht werde ich mich im Kampf um das Grüne Trikot auch an dem ein oder anderen Zwischensprint beteiligen, obwohl Sagan und Kristoff da die Superfavoriten sind“, sagte Degenkolb.
Der Wahl-Frankfurter, der mit seinen Siegen bei Mailand-Sanremo und Paris-Roubaix sein Jahres-Soll schon übererfüllt hat, spürt nach eigenen Angaben nur den Druck von außen. Er will die Tour, bei der endlich der erste Etappensieg herausspringen soll, ganz gelassen angehen: „Ich bin nicht in der Position, dass ich liefern muss.“