Froome gewinnt Sekundenspiel und feiert dritten Sieg
Chorges (dpa) - Alberto Contador schüttelte zuerst enttäuscht den Kopf. Dann nickte er anerkennend und musste auch im zweiten Zeitfahren der 100. Tour de France die Überlegenheit von Christopher Froome akzeptieren.
Der designierte Tour-Sieger aus Großbritannien feierte in Chorges nach 32 Kilometern bereits seinen dritten Etappensieg in diesem Jahr, ließ den Tageszweiten Contador neun Sekunden hinter sich und baute seine Führung in der Gesamtwertung weiter aus. Für die Rivalen bleibt auf den letzten vier Etappen bis Paris wohl nur noch der Kampf um die zwei verbleibenden Podiumsplätze.
In diesem Rennen hat der zweimalige Toursieger Contador, der bei beiden Zwischenzeiten noch vor Froome in Front gelegen hatte, nun die besten Karten. Der Spanier (+ 4:34 Minuten) rückte auf Rang zwei vor. Der Niederländer Bauke Mollema fiel auf den vierten Platz der Gesamtwertung zurück. Neuer Dritter ist der Tscheche Roman Kreuziger (+ 4:51).
Froome scheint immer noch über seinen bemerkenswerten „Lauf“ bei der Jubiläums-Rundfahrt zu staunen. „Das ist unglaublich, was ich hier bei der Tour erlebe. Heute hätte man viel Zeit verlieren können. Die erste Abfahrt war sehr gefährlich, ich habe versucht, die Risiken zu minimieren“, sagte Froome, der auf dem nach Regenschauern zum Teil noch feuchten Asphalt nicht volles Tempo fuhr. Den vermeintlichen Höhepunkt der 100. Tour, den am Donnerstag anstehenden doppelten Anstieg nach L'Alpe d'Huez, kann der schmale Brite also in Ruhe angehen. Trotzdem muss er weiter auf der Hut sein. „Contador wird bis Paris weiter Druck machen“, sagte Froome.
Erwartungsgemäß hatte Weltmeister Tony Martin, der auf dem Gipfel des letzten Anstiegs wie viele andere nach ihm auf seine Zeitfahrmaschine umstieg, bei der Vergabe der ersten Plätze keine Rolle gespielt. Der Sieger des Zeitfahrens von Mont Saint-Michel, wo er Froome knapp bezwungen hatte, musste sich nach 54:39 mit Rang 27 begnügen, Altmeister Andreas Klöden kam als bester Deutscher auf Rang 21. Martin nutzte die Tagestour über zwei deftige Anstiege mit gefährlichen Abfahrten aber zu einem Test für zukünftige Tour-Aufgaben.
„Das war ein Zeitfahren, das mir nicht gelegen hat. Das wusste ich vorher, deshalb war es eine kleine Standortbestimmung: Wo stehe ich am Berg, was muss ich noch tun, um ganz vorne mitspielen zu können? Ich werde mich mit Trainern und Betreuern beraten, wo wir aktuell stehen“, erklärte der 28-jährige Wahlschweizer nach dem Rennen durch die traumhafte Alpenlandschaft.
Im kommenden Jahr will er als „neuer“, vor allem leichterer Tony Martin die Tour in Angriff nehmen und sich ernsthaft am Gesamtklassement orientieren. Seine Bilanz könnte lauten: Da steht ihm noch sehr viel Arbeit bevor.
Ein nächster - ganz besonderer - Bergtest folgt am Donnerstag. Die 18. Etappe, bei der der mystische Anstieg nach L'Alpe d'Huez erstmals zweimal gemeistert werden muss, soll der Höhepunkt der Jubiläumstour werden. Die Organisatoren rechnen mit 1,5 Millionen Fans am 13,8 Kilometer langen Aufstieg in den 1850 Meter hoch gelegenen Skiort. Um die Doppelbesteigung möglich zu machen, müssen die Fahrer die lebensgefährliche Abfahrt vom Col de Sarenne in Kauf nehmen. Die Straße ist nicht befestigt oder begrenzt.
„Wenn du fällst, fällst du 500 Meter tief“, hatte Andy Schleck vorher gewarnt, und Martin kennt „keine Abfahrt mit diesem Gefahrenpotenzial“. Froomes vielleicht zu frommer Wunsch für Donnerstag: „Ich hoffe, dass niemand zu hohes Risiko geht.“