Kittel hofft auf Strahlkraft des Gelben Trikots
Bastia (dpa) - Stolz, glücklich, überwältigt: Marcel Kittels genoss seinen Tag im Gelben Trikot der Tour de France sichtlich. Mit strahlendem Gesicht trat er ganz in Gelb gekleidet am Morgen nach seinem großen Coup aus dem Bus seines Teams Argos-Shimano und hielt Hof.
Der sympathische Thüringer präsentierte sich als erster deutscher Tourspitzenreiter seit fünf Jahren.
Die damit verbundenen Pflichten nahm er bei strahlendem Sonnenschein gut gelaunt auf sich. „Ich will jetzt einfach nur diese Atmosphäre aufsaugen und den Tag genießen“, sagte Kittel. Auf dem von Palmen und Platanen umsäumten Place Saint Nicholas im Zentrum von Bastia, dem Startort der zweiten Etappe, gab der 25 Jahre alte Radprofi dann ausführlich Interviews, schrieb fleißig Autogramme und posierte für die Fotografen. „Es ist verrückt, ich bin immer noch ganz durcheinander“, gestand er. „Ich werde das alles wohl erst mit ein bisschen Abstand realisieren können.“
Die eine Nacht hatte ihm nicht gereicht, um das ganze Ausmaß seines Triumphes zu begreifen. Erst gegen 22.00 Uhr am Samstagabend hatte Kittel den Etappensieg und das Maillot Jaune mit dem Team ein wenig feiern können. Die Champagnerflasche öffnete er eigenhändig und sprach dann einen Toast auf seine Mannschaftskollegen aus. Eine Stunde später war die kleine Feier schon vorbei - weitere Großtaten könnten folgen.
Doch zur Ruhe kam Kittel dennoch nicht. „Ich habe versucht, ruhig durchzuschlafen. Richtig gelungen ist mir das nicht“, berichtete er. Das Gelbe Trikot hatte er in seinem Hotelzimmer auf dem Fernseher drapiert. Dorthin wanderte sein erster Blick am nächsten Morgen. „Das Trikot war noch da. Es war also kein Traum, auch wenn es sich immer noch so anfühlt“, sagte er.
Der persönliche Stolz des Arnstädters ist das eine. Doch Kittel hofft darüber hinaus, dass sein Triumph in Bastia auch dem nach zahlreichen Dopingskandalen angeschlagenen deutschen Radsport wieder auf die Beine hilft. „Ich würde mir wünschen, dass ich damit ein bisschen Werbung für das Team und den Sport machen kann. Es ist nicht alles schlecht im Radsport“, sagte Kittel.
Der Sprinter hat sich in den vergangenen Monaten immer wieder gegen Doping stark gemacht. Gemeinsam mit seinem Teamkollegen John Degenkolb und Tony Martin hatte Kittel eine Erklärung unterschrieben, in der sie versicherten, ihren Sport sauber zu betreiben. Außerdem sprach er sich für ein Anti-Doping-Gesetz in Deutschland aus.
Den Erfolg von Bastia und das Gelbe Trikot wertet Kittel als Beweis dafür, dass man auch ohne Doping im Radsport große Erfolge feiern kann. „Der Radsport hat eine Kehrtwende vollzogen“, versicherte er in Bastia. Auch sein Teamkollege Degenkolb sah sich bestätigt. „Das ist der Plan, den wir seit geraumer Zeit verfolgen, dass unsere sauberen Erfolge anerkannt werden“, sagte Degenkolb.
Das dürfte angesichts der Dopingvergangenheit des deutschen Radsports jedoch schwierig bleiben. Der letzte deutsche Radprofi, der das Gelbe Trikot auf seinen Schultern trug, war Stefan Schumacher. Der Schwabe hatte das begehrte Stück Stoff 2008 übergestreift. Kurz nach der damaligen Tour wurde er des EPO-Dopings überführt. Derzeit steht der geständige Nürtinger wegen seiner Dopingaffäre vor Gericht. Die Anklage lautet auf Betrug zulasten seines ehemaligen Arbeitgebers, dem von Hans-Michael Holczer geführten, Ende 2008 aufgelösten Team Gerolsteiner.