McQuaid gegen Cookson im UCI-Wahlkampf
Florenz (dpa) - Die Siegerehrungen bei der WM im sonnenverwöhnten Florenz gehen ihm noch geschmeidig von der Hand. Vielleicht waren dies die letzten Amtshandlungen des umstrittenen UCI-Präsidenten Pat McQuaid.
Am Freitag muss sich der 64 Jahre alte Ire, dem Korruption und eine intransparente Verbandsführung vorgeworfen werden, dem forschen Herausforderer Brian Cookson stellen. 42 Wahlmänner als Repräsentanten aller Nationalverbände der Welt entscheiden im altehrwürdigen Palazzo Vecchio in Florenz auf dem Kongress des Internationalen Radsportverbandes UCI über ihren Chef für die kommenden vier Jahre. Und damit auch über den zukünftigen Kurs, mit dem die in Verruf gekommene Branche aus der Sackgasse kommen will. Europa hält 14 Stimmen, Asien und Amerika neun, Afrika sieben und Ozeanien drei.
Für das Votum wurde auf beiden Seiten in den vergangenen Monaten mit Biegen und Brechen und mit der Unterstützung zweier hoch bezahlter Marketingagenturen gekämpft. Der Ausgang erscheint offen. Cookson, der in seiner Bewerbungsbroschüre auch als flotter Bahnradfahrer im eng anliegenden Dress abgebildet ist, verbreitet Zuversicht, mehr Stimmen als die Minimalmehrheit auf seiner Seite zu vereinen.
Während Cookson sich der Presse präsentierte, machte sich McQuaid in Florenz in der Öffentlichkeit rar und führte lieber Gespräche hinter den Kulissen. Die Stimmen aus Asien und Afrika scheinen dem „Titelverteidiger“ sicher. Cookson, der im Unterstützer-Blog der McQuaid-Anhänger im schlabbrigen Jogging-Look mit weißem Dreitagebart abgebildet ist und dabei gar nicht wie ein tatkräftiger Reformer rüberkommt, rechnet mit den Stimmen aus Europa, Amerika und Ozeanien.
Bundesjugendwart Toni Kirsch, Abgesandter des Bundes Deutscher Radfahrer (BDR), rechnet mit der Cookson-Wahl und damit mit einer dringend nötigen Richtungsänderung. Er will sich in der geheimen Abstimmung an die Empfehlung des Europäischen Verbandes UEC halten, für den Herausforderer zu stimmen. Die UEC soll laut McQuaid erst durch eine Zahlung des Cookson-Unterstützers Igor Makarow, des milliardenschweren russischen Ölmagnaten und russischen Radsport-Präsidenten, auf den Kurs des Herausforderers gebracht worden sein. „Alles Unsinn“, erklärte Cookson dazu. Der Brite hat sich die „Rückgewinnung des Vertrauens und der Glaubwürdigkeit“ auf seine Fahnen geschrieben.
„Wenn es ein ordentliches Verfahren gibt, gewinnt Cookson, weil McQuaid gar kein Kandidat ist“, sagte Sylvia Schenk, in den Jahren 2001 bis 2004 BDR-Präsidentin und als UCI-Direktionsmitglied bereits 2005 auf Kollisionskurs zu McQuaid bei der Wahl in dessen erste Amtsperiode. „Cookson wäre ein Signal für den Aufbruch“, erklärte die streitbare Juristin der Nachrichtenagentur dpa und stimmte damit mit Kirsch überein.
Im Falle seiner Wahl wolle Cookson sofort damit beginnen, das Doping-Kontrollsystem komplett aus der UCI auszugliedern und einem unabhängigen Gremium anvertrauen. Außerdem kündigte er mögliche Ermittlungen gegen McQuaid wegen der Korruptionsvorwürfe gegen den Amtsinhaber an. Interessant dürfte sein, ob sich ein angekündigter Einsatz gegen Doping auch auf das umstrittene Katusha-Team, von Makarow finanziert, erstrecken wird.
Vor der eigentlichen Wahl muss der UCI-Kongress allerdings entscheiden, ob McQuaid durch eine Regelumgehung - er will sich von den Verbänden Marokkos und Thailands vorschlagen lassen - überhaupt zugelassen werden darf. Sein Heimatverband Irland und Swiss Cycling hatten ihm die Gefolgschaft versagt. Vielleicht ist gar keine Abstimmung nötig. Auf die will der einzige Gegenkandidat Cookson aber in jedem Fall dringen. „Auch wenn es nicht zur Abstimmung kommt, bitte ich den Kongress, mir das Vertrauen auszusprechen“, erklärte der 62 Jahre alte Brite.