Neuer Radsport-Boom - Wildcard für Bora-Argon
Paris (dpa) — Die Renaissance im deutschen Radsport geht weiter. Nach Jahren der Tristesse werden in diesem Jahr pünktlich zum Comeback der ARD erstmals seit 2008 wieder zwei deutsche Radrennställe bei der Tour de France an den Start gehen.
Das zweitklassige Team Bora-Argon erhielt erneut eine der fünf begehrten Wildcards für die Frankreich-Rundfahrt und wurde damit für die couragierte Vorstellung bei der Premiere im Vorjahr belohnt. „Ein Traum geht in Erfüllung. Die Rückkehr zur Tour de France war unser Ziel Nummer eins für diese Saison. Das war ambitioniert, aber wir haben es erreicht“, sagte Team-Manager Ralph Denk in einer Mitteilung des Rennstalls.
Im vergangenen Jahr hatte die Mannschaft - damals noch unter dem Namen NetApp-Endura - mit starken Vorstellungen überrascht. So war der Tscheche Leopold König im vergangenen Jahr auf einen starken siebten Platz gefahren, was ihm einen Vertrag beim britischen Vorzeige-Team Sky einbrachte.
Mit der Tour-Einladung würdigten die Veranstalter aber auch die Aufbruchstimmung in Deutschland, einem wichtigen Kernland, das in den vergangenen Jahren weggebrochen war. Erst in der vergangenen Woche war das neue deutsche Profi-Team Giant-Alpecin um Sprintstar Marcel Kittel mit großem Brimborium in Berlin vorgestellt worden. Zugleich verkündete die ARD ihren Wiedereinstieg bei der Tour und würdigte damit die Bemühungen des Radsports im Anti-Doping-Kampf.
Tourchef Christian Prudhomme hatte sich als Ehrengast selbst ein Bild von der neuen Radsport-Euphorie in Deutschland gemacht. „Das Puzzle setzt sich allmählich zusammen. Deutschland hat große Champions wie Marcel Kittel. Nun ein deutsches Team und der TV-Einstieg der ARD: Das ist sehr wichtig für den Radsport“, hatte Prudhomme gelobt und Etappen auf deutschem Boden in Aussicht gestellt. Insbesondere das Saarland gilt als Austragungsort von Teilstücken bei der Tour.
Vor sieben Jahren gehörten letztmals zwei deutsche Teams - Gerolsteiner und Milram - zum Teilnehmerfeld der Tour, als die Krise in Deutschland nach all den Skandalen um Jan Ullrich, Erik Zabel und Co. längst im Gange war. Inzwischen wirbt eine neue Generation um Kittel, dem dreimaligen Zeitfahr-Weltmeister Tony Martin und John Degenkolb um neues Vertrauen. „Ich hoffe, dass andere Teams und Sponsoren folgen, wieder größere Rennen entstehen und der Radsport in Sachen Stellenwert wieder da hinkommt, wo er einmal war“, sagte Martin, dessen belgisches Team Etixx-Quick Step am Mittwoch im Velodrome präsentiert wurde.
Martin hatte im vergangenen Jahr mit zwei Etappensiegen zur „Tour d'Allemagne“ entscheidend beigetragen. Insgesamt feierten Martin, Kittel und Co. sieben Siege und sorgten damit für einen deutschen Rekord bei der Grand Boucle.
Erstmals in der Tour-Geschichte geht auch ein Team aus Afrika an den Start. Der südafrikanische Rennstall MTN-Qhubeka erhielt neben Bora und den französischen Mannschaften Cofidis, Europcar und Bretagne-Séché Environnement eine Einladung. Für die Mannschaft fährt auch der frühere Mailand-San Remo-Sieger Gerald Ciolek. Das sind beste Voraussetzungen für weitere deutsche Erfolge bei der Tour, die am 4. Juli im niederländischen Utrecht beginnt.