Nibali will das Triple - Vuelta nur Station zu WM
Pamplona (dpa) - Vincenzo Nibali ist ein kühler Rechner. Der Sizilianer nutzte im vergangenen Winter das Auslaufen seines Vertrages und die Erwartungen an eine leistungsexplosion zu einem Rennstallwechsel mit Gehaltsvervielfachung.
Und auch auf dem Rad setzt der Kapitän des Astana-Teams nüchtern seine Prioritäten. Obwohl er beim Giro d'Italia im Mai den gefürchteten „Zug“ des britischen Erfolgsteams Sky auseinanderfuhr und seinen zweiten großen Rundfahrtsieg holte, verzichtete er entgegen der Sponsoren-Interessen aus dem Erdöl-Eldorado Kasachstan auf einen Start bei der Tour de France.
„Meine Ziele sind die Vuelta und die Weltmeisterschaften in Florenz“, hatte er zur Überraschung aller, die die Tour de France für das Nonplusultra im Radsport halten, schon früh seine Ziele umrissen. Er setzte sich dabei auch gegen die Vorstellungen einiger Geldgeber durch, die die kasachische Fahne gern auf den Pariser Champs Elysees gesehen hätten. Damit demonstrierte der „Hai von Messina“, wie er wegen seiner Herkunft und seiner Angriffslust im Rennen seit Jugendzeiten genannt wird, Durchsetzungsvermögen - und Ehrgeiz.
Nibali hat jetzt das seltene Triple aus zwei Rundfahrtsiegen und dem Regenbogentrikot im Visier. Das gelang bisher nur Eddy Merckx (1974) und Stephen Roche (1987). Beide siegten bei der Tour, dem Giro und der WM. Das Giro-Vuelta-Double holten nur drei Fahrer, neben Merckx 1973 auch der Italiener Giovanni Battaglin (1981) und Alberto Contador (2008).
Nibali zeigt sich im Moment nach längerer Rennpause bei der Spanien-Rundfahrt in bestechender Form. Seine runderneuerte Astana-Mannschaft gewann das Zeitfahren. Die so nicht erwartete Leistung bescherte dem Kapitän auf der zweiten Etappe auch das Rote Führungstrikot. Gar nicht unglücklich gab es Nibali am Folgetag an den 41-jährigen Amerikaner Chris Horner ab. Er war nun von den lästigen Kontrollaufgaben im Rennen und den Medienterminen nach der Etappe befreit, zu denen der Gesamtführende verpflichtet ist.
„Es ist nicht leicht für eine Mannschaft, Tag für Tag das Trikot zu verteidigen“, sagte auch Nibalis sportlicher Leiter Alexander Shefer. Pech war nur, dass seinem Schützling aufgrund einer Schwäche Horners nach der vierten Etappe am Dienstag erneut das rote Leibchen zufiel. Nibali ist nun auf Initiative der Konkurrenz angewiesen, um nicht zu viele Kräfte verpulvern zu müssen.
Das ist vielleicht der entscheidende Unterschied zu dem Mann, mit dem Nibali seit seinem Ritt durch den Schnee bei den Drei Zinnen beim vergangenen Giro verglichen wird: Mit dem „Kannibalen“ Eddy Merckx, der stets von seiner unbändigen Kraft lebte. In Anlehnung an den Belgier nennen ihn vornehmlich italienische Journalisten „Cannibali“, dem es im Frühjahr bei Tirreno - Adriatico gelang, dem späteren Tour-Dominator Christopher Froome einen Sieg wegzuschnappen.
Bei der Straßen-WM am 29. September in Florenz werden sich ihre Wege wieder kreuzen - und bei der Tour de France 2014.