Ruhe bei Astana nach Lizenz-Turbulenzen- Greipel-Kritik

San Lorenzo al Mare (dpa) - Keine Spur von besonderer Anspannung oder gar Nervosität: Im Fahrer-Hotel der umstrittenen Astana-Mannschaft im Jachthafen von San Lorenzo al Mare ist Fabio Aru zwei Tage vor dem Start des 98. Giro d'Italia die Ruhe in Person.

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Der Radprofi mit den Streichholzbeinen zählt mit dem Spanier Alberto Contador und Richie Porte aus Australien zum Favoriten-Trio. Dass er mit seinem Team überhaupt dabei sein darf, hat er der Lizenz-Kommission des Weltverbandes UCI zu verdanken. Die vergangenen Monate mit dem hartnäckigen Ringen um die Fahrerlaubnis in der WorldTour scheint keine Spuren hinterlassen zu haben.

Trotz mannigfacher Doping-Affären 2014 und den Verstrickungen des nicht gerade bestens beleumundeten Managers Alexander Winokurow habe Aru keine unnötigen Gedanken um den vorläufigen Verlust seines Arbeitsplatzes verschwendet. Sorgen habe er sich zuletzt höchstens „um das richtige Training“ gemacht. „Wir haben die Lizenz“, betonte Aru. Der Kletterspezialist verlängerte sogar seinen Vertrag bis 2017, bei einem Giro-Sieg gibt es einen stattlichen Aufschlag.

Die Lizenz-Kommission hatte sich gegen den Ratschlag der Sportwissenschaftler der Uni Lausanne gestellt, die die Astana-Strukturen auf Herz und Nieren geprüft und erhebliche Mängel und Widersprüche benannt hatten. Die Schweizer schätzten den kasachischen Winokurow-Rennstall mit Tour-de-France-Sieger Vincenzo Nibali an der Spitze als „Hochrisiko-Mannschaft“ ein. Sie stehe weiter unter Beobachtung, heißt es.

Diesem Urteil neigt offensichtlich auch der deutsche Meister André Greipel zu, der sich zusammen mit John Degenkolb, Tony Martin und Marcel Kittel deutlich gegen Doping im Radsport positioniert. „Die Fakten hatten etwas anderes gesagt. Aber die Lizenz-Kommission hat so entschieden, obwohl die Doping-Richtlinien durch die positiven Fälle im Astana-Team gebrochen wurden“, sagte der gebürtige Rostocker der Deutschen Presse-Agentur.

Sein Teamkollege und beim Giro wichtigster Anfahrer Greg Henderson hatte parallel zur überraschenden Lizenzvergabe speziell Aru schwere Vorwürfe gemacht. Der Australier hatte den Italiener indirekt des Dopings bezichtigt. Dessen Absage der Trentino-Rundfahrt im Giro-Vorfeld aus gesundheitlichen Gründen hatte er mit giftigen Kommentaren begleitet. Henderson war aber sofort zurückgerudert und hatte sich bei Aru entschuldigt. Der wollte davon aber nichts wissen und gegen den Greipel-Kollegen klagen.

„Diese läppische Entschuldigung lassen wir nicht gelten. Das war eine Verleumdung - wir haben unsere Anwälte beauftragt, Schritte einzuleiten“, erklärte Astana-Sprecher Geoffrey Pizzorni in San Lorenzo al Mare. Vielleicht kann ja der einstige Telekom-Star und Jan Ullrich-Freund Winokurow die Wogen etwas glätten. Er wird vom Team zum Giro-Start erwartet und könnte von seinem Wohnort Monte Carlo eigentlich mit der Jacht kommen und direkt vor dem Fahrer-Hotel ankern. Aber wahrscheinlich reist er mit dem Auto an, aufgefallen ist seine Mannschaft ja schon genug.