Greipel Vierter Sagan gewinnt 2. Etappe - Degenkolb-Team protestiert

La Roche-sur-Yon (dpa) - Der im Zielsprint hart bedrängte John Degenkolb saß traurig im Teambus. Davor skandierten zwei Dutzend Fans: „Peter Sagan, Peter Sagan“.

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Der exzentrische Weltmeister Peter Sagan, der bei der Siegerehrung eine Skibrille mit der Aufschrift „100 Prozent“ trug, feierte in La Roche-sur-Yon währenddessen das Gelbe Trikot ausgelassen. Marcel Kittel war traurig über die verpasste Chance. Knapp acht Kilometer vor dem Ziel der 2. Etappe der 105. Tour de France hatte ihn eine Reifenpanne gestoppt.

Die Degenkolb-Mannschaft Trek-Segafredo legte Protest gegen die Rennwertung ein, der aber abgeschmettert wurde. „Ich hoffe, der neue Video-Referee hat die richtigen Bilder und trifft die richtige Entscheidung“, sagte Degenkolb, der auf Rang neun einfuhr - doch sein Wunsch wurde nicht erfüllt.

Sagan verunsicherte der Einspruch nur wenig. Er freute sich über die Tour-Führung, die er dem kurz vor dem Ziel in einen Massensturz verwickelten Fernando Gaviria abnahm: „Das war heute vor dem Zeitfahren am Montag meine letzte Chance auf Gelb - ich bin sehr glücklich“. Sein Teamchef Ralph Denk fürchtet nicht um den Sieg: „Wir haben im Bus auf unserem kleinen Fernseher keinen Regelverstoß festgestellt“.

„Ich habe nichts falsch gemacht - die Jury muss entscheiden“, sagte Sagan und fügte sarkastisch hinzu: „Sie können mich ja wieder rausschmeißen“. Im Vorjahr hatte der Slowake nach Etappe vier die Tour verlassen müssen, weil er angeblich verantwortlich für den Sturz war, bei dem sich der Brite Mark Cavendish in Vittel schwer verletzt hatte. Erst Monate später war Sagan vom Weltverband UCI rehabilitiert worden.

Marcel Kittel, im Vorjahr in Frankreich nach seiner Siegesserie als „Le Kaiser“ verehrt, hatte nach seinem dritten Platz vom Vortag Pech. 7,6 Kilometer vor dem Ziel zerstörte eine Reifenpanne seine Hoffnungen. „In der Tour gut sechs Kilometer vor dem Ziel das Rad zu wechseln, und dann wieder zurückzukommen - ist unmöglich“, war seine erste Reaktion. André Greipel beendete die Etappe als Vierter.

Vorjahressieger Chris Froome versuchte, sich am Sonntag von seinem - gesundheitlich folgenlosen - Sturz und den 51 Sekunden Rückstand auf die Mitfavoriten Tom Dumoulin und Vincenzo Nibali zu erholen. „So ist der Radsport - niemand trifft eine Schuld“, reagierte der vom Doping-Verdacht freigesprochene Brite relativ relaxt auf seinen unfreiwilligen Ausflug auf ein Stoppelfeld.

Der Nervenkrieg am Straßenrand mit Pfiffen und Schmähplakaten setzt ihm dagegen weiter zu. Das Ziel der 2. Etappe in Roche-sur-Yon erreichte Froome nach 182,5 Kilometern aber wenigstens zeitgleich mit dem Tagessieger.

Kittel, im Vorjahr mit fünf Etappenerfolgen der Tour-Überflieger, trug am Sonntag das Grüne Trikot für den Punktbesten nur in Vertretung. Eigentlich gehörte es Gaviria, aber der trug Gelb. Der 30 Jahre alte Sonnyboy aus Arnstadt, mit 14 Siegen erfolgreichster deutscher Radprofi in der Tour-Geschichte nach Etappensiegen gerechnet, muss sich jetzt ab Dienstag auf die Flach-Etappen nach dem Teamzeitfahren konzentrieren.

So früh und so heftig war der Seriensieger Froome in einer Rundfahrt noch nie unter Druck. Der Sturz war Ausdruck dafür. Rick Zabel, der den im Feld nach vorne stürmenden Froome angeblich etwa bedräng hatte, fühlte keine Schuld: „Man kann auf dem Aufnahmen des Onboard-Videos gut sehen: Chris versucht nach vorne zu kommen, und ich halte meine Position - ich habe mir nichts vorzuwerfen“, sagt der Kittel-Anfahrer.

Nach der für ihn glimpflich ausgegangen Salbutamol-Affäre verneigt sich Frankreich nicht gerade aus Zuneigung vor ihm. Als sein Sturz auf den Videoleinwänden im Zielbereich in Fontenay-le-Comte flimmerte, applaudierten und jubelten einige Zuschauer.

Das 35,5 Kilometer lange Teamzeitfahren am Montag in Cholet dürften Froome und seiner Équipe zwar in die Karten spielen, doch auch hier könnte sich Dumoulin als großer Favorit auf den Gesamtsieg herauskristallisieren. Der Sunweb-Kapitän hält die WM-Zeitfahrtitel im Einzel- und -Mannschafts-Wettbewerb. Aber Froome hofft auf den Giro-Effekt.

Auch in Jerusalem startete er im Mai im ersten Zeitfahren holprig, nachdem er beim Einfahren gestürzt war. Und dann folgte noch die sagenhafte Aufholjagd zu seinem ersten Girosieg.