Schumacher-Prozess: Geldstrafe oder Freispruch
Stuttgart (dpa) - Der Betrugsprozess gegen Radprofi Stefan Schumacher befindet sich auf der Zielgeraden. Eine Woche vor dem Urteilsspruch durch das Landgericht Stuttgart beharrten die Parteien auf ihren jeweiligen Standpunkten.
„Freispruch, natürlich“, sagte Schumacher-Anwalt Michael Lehner zum Ende seines 78-Minuten-Monologs. Staatsanwalt Peter Holzwarth dagegen forderte eine Geldstrafe in Höhe von 16 800 Euro. Neben den 210 Tagessätzen soll Schumacher zudem die Kosten des Verfahrens übernehmen. Den entstandenen Schaden hatte Holzwarth dabei von ursprünglich rund 150 000 Euro auf 100 000 Euro gesenkt.
Schumacher rechnet indes weiterhin nicht mit einer Verurteilung. „Für mich ist es klar, dass ich freigesprochen werden müsste“, sagte er in einer Prozesspause. „Ich kann nur sagen, ich habe den Hans Holczer nicht betrogen. Das heißt aber nicht, dass ich keine Fehler gemacht habe“, ergänzte er zum Schluss des 18. Verhandlungstages.
Eine Einstellung des Verfahrens gegen eine Zahlung in Höhe von 10 000 Euro, wie kurz vor Ende der Beweisaufnahme von Richter Martin Friedrich noch vorgeschlagen, wäre für Schumacher nicht infrage gekommen. „Mir geht es um den Freispruch. Das Angebot hätte ich so ähnlich schon vor einem Jahr annehmen können.“ Holzwarth war dafür auch nicht zu haben. „Das kommt für die Staatsanwaltschaft nicht in Betracht“, sagte er. Schumacher-Anwalt Dieter Rössner wollte über das Angebot - vergebens - zumindest reden.
Bevor Schumacher und seine Anwälte am Nachmittag sprachen, hatte Holzwarth 133 Minuten lang den Prozess aus seiner Sicht geschildert. Die Botschaft: Schumacher habe viel zu lange gelogen, um glaubwürdig zu sein. Dass sein ehemaliger Teamchef Hans-Michael Holczer bereits 2008 vom Doping des inzwischen 32-Jährigen gewusst haben soll, sei eine Unterstellung und Taktik. „Ich komme zu dem Ergebnis, es gibt eine Täuschungshandlung vom Angeklagten Schumacher“, sagte er.
Schumacher wird vorgeworfen, Holczer um drei Monatsgehälter betrogen zu haben, weil er Doping bei der Tour de France trotz Nachfrage geleugnet hat. Später war er aber positiv getestet und gesperrt worden. Schumacher und seine Anwälte vertreten den Standpunkt, Holczer könne nicht betrogen worden sein, da er vom Doping im ehemaligen Team Gerolsteiner gewusst habe. Holczer, der als Zeuge am Prozess beteiligt ist, bestreitet eine Mitwisserschaft.
Den ursprünglich auf 151 463,50 Euro bezifferten entstandenen Schaden reduzierte der Staatsanwalt, da Schumacher neben seinen sportlichen Leistungen auch für seine Werbewirkung bezahlt worden sei. Und die sei nicht korrekt zu ermitteln. In den Augen Rössners dürfte es aber gar keine Strafe geben: „Unter wirtschaftlichem Aspekt ist hier kein Schaden entstanden.“ Kollege Lehner verwies darauf, dass der vermeintliche Schaden wegen des bereits vor Prozessbeginn vereinbarten arbeitsgerichtlichen Vergleichs zwischen Holczer und Schumacher gar nicht existiere.
Bevor die Anwälte zu diesem Schluss kamen, hatte Holzwarth den Ursprungswert von 180 Tagessätzen auf 210 erhöht, da Schumacher seiner Meinung nach nicht wie erwartet gestanden habe. „Ein Geständnis hätte strafmildernd gewirkt“, meinte er. „Aber von einem Geständnis kann man jetzt nicht sprechen.“
Schumacher habe Doping zwar vor Beginn des Prozesses in Interviews und auch vor Gericht zugegeben. Das habe er aber laut Holzwarth in „einem strafrechtlich nicht relevanten Teil“ getan. Ohnehin sei das Doping-Geständnis reine Taktik gewesen. „Wenn der Prozess hier nicht stattgefunden hätte, hätte Schumacher, vermute ich ganz stark, zum eigenen Doping nichts mehr erklärt“, sagte Holzwarth. Schumacher hingegen betonte, er habe den Prozess als Chance betrachtet und reinen Tisch machen wollen. Das Urteil: Dienstag, 12.00 Uhr.