Teamwechsel für Weltmeister Martin möglich
Berlin (dpa) - Tony Martin humpelt leicht. Die Folgen seiner Kahnbein-Operation an der linken Hand vor zehn Tagen. Ein Stück Knochen musste aus dem vorderen Beckenkamm entnommen werden, um einen wuchernden Knorpel in der Hand zu ersetzen - deshalb sein etwas schwerer Gang.
„Das schmerzt ein wenig, aber das ist kein Problem. Zurzeit mache ich eine komplette Pause, trainiere auch nicht auf der Rolle“, erzählte der dreimalige Zeitfahr-Weltmeister bei einem Berlin-Besuch.
Dabei äußerte sich Martin auch zu seiner unmittelbaren und fernen Zukunft. Anfang des kommenden Monats will er wieder mit leichtem Straßentraining beginnen. Am 9. Dezember beginnt ein Trainingslager seines Teams Omega Pharma Quick-Step in Spanien. „Durch die Operation habe ich vielleicht zwei oder drei Wochen meiner Vorbereitung auf die kommende Saison eingebüßt - das ist zu verkraften“, sagte Martin, dessen Vertrag bei seinem belgischen Arbeitgeber Ende 2014 ausläuft.
Er scheint offen für einen möglichen Wechsel. Zurzeit führen er und sein Management Gespräche mit Martins Mannschaftsführung. „Mein Vertrag läuft 2014 aus. Ich bin sehr zufrieden im Team, aber die Planung geht weiter. Das Geld muss stimmen und die Ausrichtung der Mannschaft“, sagte der 28 Jahre alte Wahlschweizer der Nachrichtenagentur dpa.
Sein großes Fernziel ist Olympia 2016 in Rio de Janeiro - die Strecke dort, so weit bisher bekannt, soll ihm liegen. „Was man bisher so sehen konnte: Copacabana hoch und runter, dann eine Runde durch die Stadt - alles flach“, erklärte dazu sein Manger Jörg Werner. Der kommende WM-Parcours in Ponferrada/Spanien trifft dagegen nicht so recht den Geschmack des Flachland-Spezialisten. Im kommenden September hätte er die einmalige Chance, als erster Zeitfahrer den vierten Titel in Serie zu holen.
Martin will sich weiter auf seine außerordentlichen Qualitäten im Kampf gegen die Uhr besinnen. Die bei der vergangenen Tour de France aufgekommenen Überlegungen einer Umschulung vom Zeitfahr-Spezialisten zu einem Rundfahrt-Experten seien „vorerst“ zu den Akten gelegt, sagte Martin. Dafür hätte er „einen hohen Preis für eine große Ungewissheit“ zahlen müssen, meinte der Radprofi, der für die riskante Metamorphose mindestens fünf Kilo hätte abnehmen müssen.
Die angedachte Diät bei einem zu Tourzeiten ohnehin fast ausgemergelt wirkenden Martin hätte Kraftverlust und Minimierung seiner Fähigkeiten im Zeitfahren bedeuten können. Toursieger Christopher Froome wog im Juli bei einer Körpergröße von 1,86 Meter keine 70 Kilo. Der Fettanteil seines Körpers betrug rund fünf Prozent - viermal weniger als bei einem normalgewichtigen Menschen. Zumindest sportlich ist der Brite das Maß aller Dinge bei der Frankreich-Rundfahrt: Berghoch unantastbar und im Kampf gegen die Uhr fast so stark wie Martin.
Das Thema könnte vielleicht für Martin noch einmal interessanter werden, wenn die Tour in ihrem Profil - vielleicht 2015 - nicht so berglastig ist wie die kommende Ausgabe. Vorerst will er sich wie bisher neben dem Zeitfahren auf kürzere Rundfahrten konzentrieren. Die Saison 2014 will er in Dubai beginnen, und bei der Tour spekuliert er auf das einzige Zeitfahren am vorletzten Tag in Bergerac über 54 Kilometer. Dort will er seinen diesjährigen Etappensieg wiederholen.
Dass die Tour de France 2017, wie einmal angedacht, in Martins ehemaliger sportlicher Heimat Thüringen beginnen könnte, ist wohl ebenfalls abgehakt. „Die zwei bis drei Millionen dafür sind ohne Sponsorenhilfe einfach nicht zu finanzieren“, sagte der zuständige Minister Jürgen Gnauck beim Besuch von Martin und dem vierfachen Tour-Etappensieger Marcel Kittel in der Landesvertretung Thüringens.