Vuelta: Froome und Contador wollen Tour-Frust vergessen
Berlin (dpa) - Der ausgeruhte Nairo Quintana trifft auf die Tour-Frustrierten Chris Froome und Alberto Contador: Die Qualität des Starterfeldes bei der am Samstag mit einem Teamzeitfahren in Jerez de la Frontera beginnenden Vuelta stellt sogar die Frankreich-Rundfahrt in den Schatten.
Als heiße Kandidaten für den Gesamtsieg der 69. Auflage wird neben dem rekonvaleszenten Radprofi Froome vor allem Giro-Gewinner Quintana gehandelt. Nach seinem Höhenflug in Italien hatte der Kolumbianer die Tour de France ausgelassen. Mit großen Hoffnungen stehen auch die Spanier Joaquim Rodriguez und Alejandro Valverde sowie der Giro-Zweite Rigoberto Uran in den Startlöchern.
Ein Fragezeichen steht hinter Contador, der nach seinem Schienbeinbruch auf der 10. Tour-Etappe erst seit kurzem wieder trainiert und sich zutraut, „vielleicht in der letzten Woche um einen Etappensieg zu kämpfen“. Sein Leidensgenosse Froome, der die Tour in der ersten Woche nach Brüchen an beiden Handgelenken ebenfalls aufgeben musste, könnte im Formaufbau schon ein bisschen weiter sein.
„Das ist genau die Herausforderung, die ich nach der Enttäuschung bei der Tour brauche“, erklärte der zierliche Brite. Er habe sich optimal von dem Rückschlag erholt und die vergangenen Wochen hart trainiert. „Auf Sieg zu fahren, wird verdammt schwer. Aber ich werde alles geben, was ich habe“, versprach Froome, der mit einem Erfolg in Spanien ein verkorkstes Jahr für sein Sky-Team zumindest noch halbwegs akzeptabel zu Ende bringen könnte.
Dabei will ihm auch der deutsche Ex-Meister Christian Knees helfen. Der lange Bonner fährt seine erste große Rundfahrt 2014 und galt bisher im britischen Star-Ensemble als Mann von Bradley Wiggins. Nach dem verordneten Tour-Aus will der Olympiasieger und Toursieger von 2012 allerdings nur noch sporadisch auf der Straße fahren. Während der Vuelta ist Wiggins bei der Tour of Britain im Einsatz.
Knees will sich als loyaler Helfer auszeichnen. Für die großen Schlagzeilen aus deutscher Sicht sollen Tony Martin und John Degenkolb sorgen. Der dreifache Zeitfahr-Weltmeister Martin nutzt die Vuelta nach seiner Gala-Vorstellung bei der Tour mit zwei Etappensiegen zur Vorbereitung auf die WM vom 22. bis 29. September in Ponferrada (Spanien). Sein Hauptaugenmerk liegt auf der 10. Etappe, einem Zeitfahren über 34,5 Kilometer nach Santa Maria de Veruela. Auch dort - wie in Ponferrada - ist der Schweizer Fabian Cancellara der große Konkurrent.
Ähnlich wie Froome und Contador will Degenkolb den Tour-Frust wegstrampeln. Er musste zwar nicht verletzt ausscheiden, verpasste mit zwei zweiten Plätzen aber seinen heiß ersehnten ersten Etappenerfolg bei den Weltfestspielen des Radsports. Die Vuelta bietet ein gutes Pflaster für Wiedergutmachung: 2012 ging Degenkolbs Stern bei der Spanien-Rundfahrt mit fünf Etappensiegen auf.
Einer seiner härtesten Konkurrenten auf den insgesamt nur sechs Flachetappen könnte Peter Sagan werden, dem bei der Tour ebenfalls kein Tagessieg gelang. Der Slowake ist in Spanien auch auf Rehabilitations-Kurs.
Die Sprinter werden auf den insgesamt 3181,5 Kilometern zwischen Jerez de la Frontera und Santiago de Compostela, wo die Vuelta am 14. September endet, aber nur sporadisch im Mittelpunkt stehen. Die Kletterer sind gefragt, acht Bergankünfte stehen auf dem anspruchsvollen Programm. Vorjahressieger Chris Horner (42) und Cadel Evans (37), Toursieger von 2011, bestreiten wahrscheinlich ihre letzte große Länder-Rundfahrt.