CHIO-Überraschungssieger Weishaupt „überglücklich“
Aachen (dpa) - Überraschungssieger Philipp Weishaupt sank auf die Knie. Der 30 Jahre alte Springreiter konnte gar nicht glauben, dass er tatsächlich den wichtigsten Großen Preis der Welt gewonnen hatte.
„Ich kann es überhaupt nicht fassen“, sagte der 30-Jährige aus Riesenbeck nach dem unerwarteten Erfolg beim CHIO in Aachen: „Ich brauche noch ein paar Tage, um das zu realisieren.“
Weishaupt setzte sich im Sattel von Convall durch und siegte vor
40 000 Zuschauern mit zwei Runden ohne Abwurf und nur zwei Strafpunkten für Zeitüberschreitung. Der Mann besitzt offensichtlich Gespür für das richtige Timing, denn er hatte seiner amerikanischen Freundin Bliss Heers wenige Stunden vor dem Sieg einen Antrag gemacht. „Ich habe sie hier vor fünf Jahren kennengelernt“, berichtete der 30 Jahre alt Springreiter: „Jetzt haben wir uns verlobt an der Stelle, wo ich sie das erste Mal geküsst habe.“
„Dass er gewinnt, damit konnte wirklich keiner rechnen“, gab sein Chef Ludger Beerbaum zu: „Dass er ein gutes Ergebnis schafft - ja. Aber nicht den Sieg.“ Der neunjährige Hengst, den sein Angestellter sein etwa einem Jahr reitet, sei „auf jeden Fall außergewöhnlich“.
„Ich war froh, dass ich dabei war“, kommentierte Sieger Weishaupt: „Ich habe einfach mein Ding gemacht. Jetzt bin ich überglücklich.“ Auf Platz zwei kam in dem Eine-Million-Euro-Springen der Brite Scott Brash mit Ursula. Zweitbester deutscher Starter war Marcus Ehning aus Borken, der mit Pret A Tout auf Platz vier kam.
Auch der Bundestrainer war glücklich. „Super“, lobte Otto Becker: „Er war schon in Calgary letzte Woche stark, das ist auch ein großer Platz. Dass er hier so springt, ist tipp-top.“
Auf Rang zehn landete Meredith Michaels-Beerbaum und verpasste mit fünf Strafpunkten die kleine Revanche. Am Tag nach ihrem Olympia-Aus scheiterte die verärgerte Springreiterin im Großen Preis des CHIO früh mit Fibonacci am Vorhaben, es allen mit einem Sieg zu zeigen.
„Ich hätte es auch Meredith gegönnt“, sagte der Bundestrainer, der Michaels-Beerbaum am Vortag die bittere Botschaft überbringen musste: Für die Reiterin bleibt bei den Olympischen Spielen in Rio nur die Reservistenrolle.
Der Ärger war bei Michaels-Beerbaum nicht zu übersehen. „Ich bin überrascht, schockiert und traurig“, kommentierte die dreimalige Weltcup-Siegerin: „Ich kann das nicht verstehen.“ Der Ärger sei „immer noch da, leider“. Nach ihren zwei Runden am Sonntag meinte sie: „Ich habe meine Leistung heute gebracht.“
Ihr Mann und Trainer Markus Beerbaum gab zu: „Der Schreck sitzt auch heute noch tief. Wir waren unheimlich überrascht. Nach so einer Leistung das zu hören, ist sehr schwer.“ Michaels-Beerbaum hatte am Donnerstag im Nationenpreis mit Fibonacci zwei fehlerfreie Runden gezeigt und so zum CHIO-Sieg des deutschen Teams beigetragen.
Ludger Beerbaum führt das Olympia-Team an und reitet Casello. Zum Rio-Quartett gehören außerdem Christian Ahlmann aus Marl mit Taloubet, Marcus Ehning aus Borken mit Cornado und der in Mechelen lebende Daniel Deußer mit First Class.
Während Michaels-Beerbaum die wohl am meisten enttäuschte Reiterin des CHIO war, gehörte Kristina Bröring-Sprehe zu den glücklichsten. „Das ist ein absolutes Highlight“, kommentierte die 29-Jährige ihren ersten Sieg im Großen Dressur-Preis von Aachen: „Das ist ein tolles Gefühl. Ich bin super zufrieden.“
In der Kür setzte sich die Reiterin aus dem niedersächsischen Dinklage auf dem Hengst Desperados mit persönlicher Bestleistung klar durch. Die Team-Weltmeisterin erhielt für den Ritt mit ihrem Hengst 88,825 Prozent, nachdem sie am Vortag bereits den Grand Prix Special gewonnen hatte.
„Schade“, rief Isabell Werth, die nach kleineren Fehlern mit Weihegold (86,950) auf Platz zwei kam. Den deutschen Erfolg komplett machte Dorothee Schneider aus Framersheim, die mit Showtime (86,925) mit knappem Abstand hinter Werth Dritte wurde. Das Trio hatte bereits am Samstag die Teamwertung von Aachen gewonnen und bildet mit Sönke Rothenberger mit Cosmo das Rio-Quartett.