Überraschung in Hamburg Pato Muente gewinnt deutsches Derby
Hamburg (dpa) - Die deutschen Springreiter haben erneut den Sieg beim deutschen Derby verpasst. Der für Slowenien startende Pato Muente schnappte sich in der 88. Auflage des Klassikers in Hamburg völlig überraschend den Sieg.
Der in Argentinien geborene und in Soltau lebende Reiter setzte sich im Stechen des mit 120 000 Euro dotierten Springens auf der zehnjährigen Stute Zera durch. „Es ist ein Traum für mich in Erfüllung gegangen“, sagte der 43-Jährige.
Vor etwa 25 000 Zuschauern in Klein Flottbek blieb er mit Zera im entscheidenden Durchgang als einziger ohne Abwurf. Zweiter wurde Gilbert Tillmann aus Grevenbroich auf Claus Dieter (4 Strafpunkte/50,12 Sekunden) vor dem zweimaligen Sieger Nisse Lüneburg aus Wedel mit Cordillo (4/55,16).
Nachdem im vergangenen Jahr niemand den 1230 Meter langen Parcours mit seinen 17 Naturhindernissen ohne Fehler absolviert hatte, gelang diesmal gleich drei Reitern das Kunststück. Damit stieg die Zahl der Nullfehlerritte auf dem seit 1920 nahezu unveränderten Kurs auf 154. Vorjahressieger Billy Twomey verpasste den entscheidenden Durchgang mit Diaghilev nach einem Abwurf, wurde aber immerhin noch Vierter. Der Ire hatte 2016 als erster ausländischer Reiter nach 19 Jahren in Hamburg triumphiert.
Der emotionale Höhepunkt des fünftägigen Reitspektakels war allerdings schon am Samstag. Mit dem letzten Ritt auf seinem Pferd Casall vor dessen sportlicher Rente hatte Rolf-Göran Bengtsson den Großen Preis für sich entschieden. Es war das kitschig-schöne Ende der bemerkenswerten Karriere des 18 Jahre alten Hengstes.
Noch einmal hatten der seit langem in Itzehoe lebende Schwede und sein Ausnahmepferd in dem mit zur Global Champions Tour zählenden Springen ihre ganze Klasse gezeigt. Nach einer grandiosen Vorstellung lag das Paar im Stechen fast zweieinhalb Sekunden vor dem ebenso fehlerfreien Harrie Smolders mit Don. Dritter wurde Christian Ahlmann aus Marl auf Epleaser.
Nach seinem letzten großen Auftritt wurde Casall offiziell verabschiedet. 20 000 Zuschauer winkten bei seiner letzten Ehrenrunde mit weißen Taschentüchern, auf dem das Konterfei des Pferdes zu sehen war. „Es war ein Heimspiel vor seinem heimischen Publikum, und er hat es einfach mehr als verdient, derart gefeiert zu werden“, sagte Bengtsson über den Holsteiner Zuchthengst.
Dass er durch den Sieg noch 99 000 Euro von dem Preisgeld von 300 000 Euro kassierte, war für ihn an diesem Tag zweitrangig. „So ein Pferd wie Casall werde ich nie wieder haben“, sagte der 54-Jährige.
Als erster Brite seit 50 Jahren gewann Emile Faurie das mit 30 000 Euro dotierte Dressur-Derby. Bei der 59. Auflage setzte sich der in Deutschland lebende 53-Jährige im Finale mit Pferdewechsel nach drei Ritten klar gegen seine Arbeitgeberin Bianca Kasselmann aus Hagen am Teutoburger Wald und die Russin Tatjana Kosterina durch. 1967 hatte Johanna Hall als letzte Britin beim Derby triumphiert. Damals gab es noch getrennte Wertungen für Damen und Herren.
In dem Finale musste jeder Reiter auch mit den Pferden der Konkurrenten antreten. Da Faurie seinen Wallach Lollipop schonte, stellte ihm seine Chefin Bianca Kasselmann ihre Stute Escada zur Verfügung. Bestes Pferd war Kasselmanns Hengst Delatio vor Kosterinas Stute Diavolessa und Escada.