Whitaker genießt CHIO-Erfolg - Beerbaum überrscht

Aachen (dpa) - Die kleine Tochter trug er auf dem linken Arm, das Bier hielt er in der rechten Hand. Michael Whitaker feierte den Sieg beim Großen Preis von Aachen an der Bar unter der Haupttribüne, während die deutschen Springreiter vor 45 000 Zuschauern ihre Abschiedsrunde im Stadion drehten.

Der britische Routinier genoss den größten Erfolg seiner Karriere in vollen Zügen. Selbst die Frage, warum die britischen Funktionäre ihn nicht für die Olympischen Spiele in London nominiert haben, brachte den 52-Jährigen aus Yorkshire nicht aus der Ruhe. „Sie hätten es besser tun sollen“, antwortete der Meister der kurzen Antworten. Er wird in London fehlen - genau wie der Überraschungs-Zweite Thomas Voß aus Schülp. Überraschend mitreisen wird hingegen die Dritte auf dem Podium: Meredith Michaels-Beerbaum.

Vor wenigen Wochen noch war die ehemalige Weltranglisten-Erste ungefähr die Nummer neun in der internen Olympia-Rangliste der deutschen Springreiter. Doch nach turbulenten Tagen mit drei Ausfällen in sechs Tagen ist die Springreiterin aus Thedinghausen aufgerückt und reist als Ersatzreiterin auf die Insel. „Damit hätte ich nicht gerechnet“, sagte die 42-Jährige aus Thedinghausen.

„Das war eine aufregende Woche, es war sehr intensiv für uns“, fasste Bundestrainer Otto Becker zusammen. Nach der Absage von Carsten-Otto Nagel (Norderstedt) wegen der fehlenden Fitness von Corradina und von Ludger Beerbaum (Riesenbeck) wegen Problemen mit Gotha musste der Coach beim CHIO auch noch Marco Kutscher von der Liste streichen: Der Reiter aus Riesenbeck kassierte in Aachen mit Cornet Obolensky dreimal 16 Strafpunkte. „Die Ausfälle treffen uns hart“, sagte Becker.

Nun also Meredith Michaels-Beerbaum, die Olympia nicht eingeplant hatte, weil ihre Stute Bella Donna mit neun Jahren „eigentlich noch zu jung ist“, wie sie selbst sagte. Nach der Geburt ihrer Tochter und der Verabschiedung ihres Toppferdes Shutterfly ist sie in einer Übergangsphase. Jetzt ist sie schon viel weiter, als sie selbst geplant hatte.

Den Ausschlag gegenüber Voß gab die Championats-Erfahrung, erklärte der Bundestrainer. Michaels-Beerbaum gewann mit dem deutschen Team bereits Gold bei EM und WM. Dass sie in London tatsächlich zum Einsatz kommt, ist gar nicht einmal so unwahrscheinlich. „Die Erfahrung zeigt, dass immer noch etwas passieren kann“, sagte Becker: „Das geht so schnell.“

Wie groß die Furcht vor einem weiteren Ausfall ist, zeigte sich auch daran, dass das Olympia-Quartett seine Toppferde beim Großen Preis von Aachen nicht einsetzen durfte. Nominiert sind: Janne-Friederike Meyer (Schenefeld) mit Lambrasco, Christian Ahlmann (Marl) mit Codex One, Marcus Ehning (Borken) mit Plot Blue und Philipp Weishaupt (Riesenbeck) mit Monte Bellini.

Wenn einer aus diesem Quartett ausfällt, kann Michaels-Beerbaum bis zwei Stunden vor der tierärztlichen Untersuchung in London nachrücken. Für Whitaker und sein Siegerpferd Gig Amai gilt das nicht. Der Sieger von Aachen ist nicht einmal als Ersatz für das britische Team nominiert.