Becker will Djokovic „etwas den Druck nehmen“

Paris (dpa) - Boris Becker sieht die Zusammenarbeit mit dem Tennis-Weltranglisten-Zweiten Novak Djokovic auf dem richtigen Weg.

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Vor dem French-Open-Halbfinale gegen den Letten Ernests Gulbis zog der 46-Jährige in Paris vor deutschen Journalisten ein positives Zwischenfazit. Becker hofft aufgrund seiner eigenen Erfahrung, Djokovic auf dem Weg zum ersehnten ersten French-Open-Triumph ein wenig den Druck nehmen zu können.

Was machen die Knochen? Wie geht es?

BorisBecker: Novak? Mir? Meine Knochen sind nicht so wichtig, aber denen geht es ganz gut, danke. Die Hüft-OP ist gut überstanden. Ich habe sogar die ersten Schläge wieder auf dem Platz gemacht jetzt die Tage und bin mit meiner Reha eigentlich ein paar Wochen früher und weiter, als ich dachte.

Musste die Operation ganz kurzfristig sein?

Becker: Die war für Anfang April schon geplant. Aber dann wurden die Schmerzen immer schlimmer und die Problemer immer größer, so dass ich das zwei Wochen vorher hab' machen lassen. Aber jetzt zum Spieler!

Er hat jüngst in Rom den ersten Titel geholt, seitdem Sie in der Mannschaft sind. Was war das für ein Gefühl?

Becker: Das ist also faktisch falsch. Seit ich offiziell mit im Team bin, hat er drei Titel gewonnen. Und nicht einen. Das Verhältnis und meine Aufgaben sind so, dass ich nicht immer vor Ort sein muss, und dass ich trotzdem meine Leistung als Trainer abliefern kann. Die Art zu trainieren, zu denken, sich auf dem Platz zu positionieren, die trägt langsam Früchte. Seit Dezember gibt's da einige Veränderungen. Die sich gut auskennen im Tennis, die sehen das.

Wie sehr unterscheidet sich die Arbeit im Vergleich zu den Australian Open im Januar?

Becker: Das ist für mich unterschiedlich, weil ich natürlich den Spieler besser kenne, wie er in Stresssituationen reagiert, was seine Eigenarten sind. Große Hilfe ist natürlich auch Vajda, den ich gebeten habe, hier vorbeizukommen, weil es keinen anderen Mann gibt, der Novak so gut kennt wie Marian. Und das ist mir eine große Hilfe.

Man hatte in Rom das Gefühl, dass er Rafael Nadal im Finale ein bisschen geknackt hat. Trauen Sie ihm das auch in Paris zu?

Becker: Gegen Nadal war das für seine mentale Stärke ein Schritt nach vorne - auf einem Belag, wo sein Erzrivale am besten ist. Falls es zu einem Nadal-Djokovic-Finale kommen sollte, werden beide Spieler sicherlich noch das letzte Spiel in Rom im Kopf haben, und das wäre nicht schlecht.

Man hatte das Gefühl, dass es Novak im letzten Jahr belastet hat, dass er das Gefühl hat, hier unbedingt das erste Mal gewinnen zu wollen. Konnten Sie diesen Druck nehmen?

Becker: Das gehört zu meinem Aufgabenbereich. Ich hoffe, dass ich ihm die Prioritäten erklären kann und eben ein bisschen Druck nehmen kann. Auf mich macht er einen sehr, sehr entspannten, souveränen Eindruck. Klar ist der unter Druck. Ich hoffe, dass ich ihm da mit meiner Erfahrung ein bisschen helfen kann.

Für die Öffentlichkeit misst sich der Erfolg Ihrer Arbeit an den Ergebnissen. Woran würden Sie es selbst festmachen?

Becker: Entscheidend ist, wie das Verhältnis ist zwischen Spieler und Trainer, und er ist letztendlich derjenige, der zufrieden sein muss. Ziel war dieses Jahr, ein Grand-Slam-Turnier zu gewinnen und die Rückkehr auf Platz eins der Weltrangliste. Wir sind zumindest nicht vom Ziel abgekommen. Ich glaube, der Weg ist der richtige. Es gibt zwei, drei Verbesserungen in seinem Spiel, und wenn wir beide, aber eben die anderen auch im Team, weiter in diese Richtung gehen, dann sehe ich keinen Grund, warum wir im Dezember nicht sagen können: Das war ein erfolgreiches Jahr. Das ist das Ziel, und wir sind jetzt auf halber Strecke.

Welche Verbesserungen sind das?

Becker: Dann würde ich ja nur ein bissel was verraten und die Gegner würden jetzt zuhören, aber schauen Sie einfach mal die Spiele an, wo er steht, wie er spielt.

Wann endet die Arbeit? Sagt man abends, jetzt ist Schluss?

Becker: Wer als Spieler ein Grand-Slam-Turnier gewinnen will, der muss Tag und Nacht an das nächste Spiel denken. Es gibt keine geregelten Arbeitszeiten. Tag und Nacht ist man Standby, und das Telefon ist an, und man erwartet dann einen Anruf oder eine SMS.

Das Gefühl ist also gar nicht anders als bei Ihnen früher?

Becker: Identisch, genau. Das macht's mir nicht so schwer, weil ich eben weiß, wie schwierig ich war und wie viel Zeit ich mit meinen Nächsten verbringen musste. Es gibt dann kein Außenleben mehr.

Geht Ihnen in Paris durch den Kopf: Wäre schön, wenn ich das hier mal gewonnen hätte?

Becker: Nee, gar nicht. Also das ist auch zu lange her. Da habe ich auch zu viel versucht, um dann zu realisieren, es war halt nicht gut genug. Das denke ich in keiner Sekunde.

Djokovic und Ernests Gulbis kennen sich gut. Seinen Trainer Günter Bresnik kennen Sie auch gut. Sind Sie überrascht, wie gut Gulbis auf einmal ist? Er gilt nicht als sehr diszipliniert...

Becker: Nicht mehr, nicht mehr. Der hat Disziplin vom Günter gelernt. Es freut mich für den Günter. Das ist schön zu sehen, dass ein Trainer dann auch Erfolg hat mit einem schwierigen Spieler und es geschafft hat, ihm ein bisschen Disziplin beizubringen. Ich hoffe, das ist am Freitag wieder vorbei. Nee - schweres Spiel, wenn wir Gulbis gesehen haben, der kann an einem perfekten Tag jeden Spieler der Welt schlagen, der kann an einem nicht so guten Tag gegen fast jeden verlieren. Novak muss sein bestes Spiel spielen, keine Frage.

ZUR PERSON: Boris Becker gewann als Spieler neben seinen drei Erfolgen in Wimbledon zweimal die Australian Open, einmal die US Open, den Davis Cup und war die Nummer eins der Welt. Seit Dezember 2013 gehört er zum Trainerteam von Novak Djokovic.