Kerber in neuer Rolle nach Paris - Verletzung auskuriert

Paris (dpa) - Bei den Interviewrunden vor den French Open werden die Augen in diesem Jahr ganz besonders auf Angelique Kerber gerichtet sein. Schließlich reist die Kielerin nicht nur als Nummer drei der Tennis-Welt an die Seine, sondern auch als Gewinnerin der Australian Open.

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„Ich merke schon, dass ich anders wahrgenommen werde“, sagte Kerber im Vorfeld des zweiten Grand-Slam-Turniers der Saison, das an diesem Sonntag im Stade Roland Garros beginnt. Kurzfristig war ihr Start in der französischen Hauptstadt gefährdet. Wegen Schulterproblemen hatte sie ihre Teilnahme am Turnier in Nürnberg in dieser Woche abgesagt. Doch die kurze Pause hat Kerber gut getan, die Schmerzen sind weitgehend verschwunden. Am Donnerstag ging es mit dem Team nach Paris - zurück ins Rampenlicht.

Denn der 30. Januar 2016 hat das Leben von Kerber komplett verändert. Lief sie bis dahin trotz ihrer konstant guten Leistungen auf der WTA-Tour meist unter dem Radar, steht sie seit dem Finalsieg von Melbourne gegen Serena Williams voll im Fokus. Wo Kerber auch auftaucht, alle wollen etwas von der ersten deutschen Siegerin eines Grand-Slam-Turniers seit Steffi Graf.

Unmittelbar nach dem Triumph von Melbourne meisterte Kerber den Marathon an Interviews und Terminen noch mit Bravour. Stets mit einem Lächeln erzählte sie von ihrer neuen Welt und saugte alle Erlebnisse in sich auf. Doch seitdem muss sich die 28-Jährige erst noch an ihre neue Rolle gewöhnen. Dies gelingt der Norddeutschen oft in beeindruckender Manier, manchmal aber noch gar nicht.

Bei den Turnieren in Doha und Indian Wells war jeweils schon nach dem ersten Spiel Schluss, Kerber wirkte ausgelaugt und leer. Auch in Madrid und Rom setzte es zuletzt zwei Auftaktpleiten. Doch dazwischen lag auch ihr fulminanter Erfolg beim Heimspiel in Stuttgart, bei dem sie die Funktion des Turnier-Zugpferdes bemerkenswert ausfüllte und den zweiten Titel des Jahres holte.

„Angie muss sich erst noch an ihre neue Rolle gewöhnen“, sagte die Tschechin Petra Kvitova. Auch sie habe nach ihrem ersten Wimbledonsieg 2011 eine ganze Weile gebraucht, um mit der neuen Erwartungshaltung zurechtzukommen. „Ich weiß, wie schwer es ist. Alle denken plötzlich, dass du immer gewinnst. Und Tschechien ist im Vergleich zu Deutschland ein kleines Land.“

In Stuttgart machte Kerber vor rund einem Monat den Eindruck, als habe sie ihre Erfolgsformel gefunden. „Ich weiß jetzt, dass ich mir auch Zeit für mich nehmen muss, um auch mal ein Buch zu lesen oder spazieren zu gehen“, sagte Kerber im Schwabenland. Die Balance zwischen den Terminen und Erwartungen abseits des Platzes und der Zeit für Training und Regeneration müsse einfach passen.

Was in Stuttgart eindrucksvoll gelang, ging danach in Madrid und Rom bei den beiden Masters-Events wieder schief. Es wird deshalb spannend zu sehen, wie Kerber in Paris Rummel und sportlichen Erfolg in Einklang bringt. Ihr bestes Ergebnis beim Sandplatz-Klassiker ist bislang das Viertelfinale 2012. Dieses Mal erwarten Fans und Experten etwas mehr.