Nun ein deutsches Duell Kerber macht es bei Melbourne-Rückkehr spannend
Melbourne (dpa) - Am Ende eines viel zu aufregenden Abends schöpfte Angelique Kerber aus dem mühsamen Start in ihre Titelverteidigung Hoffnung für die weiteren Australian Open.
„Vielleicht sollte das heute so sein“, sagte die Weltranglisten-Erste, nachdem sie im Auftaktmatch gegen Lessia Zurenko nach einem vergebenen Matchball noch zittern musste. „Es war wichtig, sich durchzubeißen.“
Im deutschen Zweitrunden-Duell mit Carina Witthöft kann Kerber an diesem Mittwoch zeigen, dass der 6:2, 5:7, 6:2-Erfolg gegen die Ukrainerin vielleicht doch ein guter Einstieg in die beiden Tennis-Wochen in Melbourne war - so wie der Sieg über die Japanerin Misaki Doi vor einem Jahr, als die Norddeutsche sogar einen Matchball abwehren musste und danach plötzlich befreit aufspielte.
Noch drei weitere der insgesamt 14 qualifizierten Deutschen sind am Mittwoch wieder dabei: Mischa Zverev überstand erstmals nach zehn Jahren die erste Runde, auch Qualifikantin Mona Barthel und Julia Görges kamen weiter. Das deutsche Duell von Görges mit Laura Siegemund kam jedoch nicht zustande, auch Annika Beck schied aus.
Der warme Empfang der anfangs noch nicht 15 000 Fans in der Rod-Laver-Arena tat Kerber ein Jahr nach dem Final-Coup gegen Serena Williams gut. Die Anfangsnervosität verflog schnell, doch nach dem nicht genutzten Matchball beim Stand von 5:4 im zweiten Satz drohte 20 Jahre nach dem Erstrunden-Aus des damaligen Titelverteidigers Boris Becker eine ähnliche Pleite. Becker verfolgte das Match nach dem Ende seines Trainerjobs bei Novak Djokovic als TV-Kommentator und sah, wie Kerber im dritten Satz ihre gewohnten Kämpferqualitäten auspackte und ab dem 1:2 richtig auf Betriebstemperatur kam.
„Es war schon ein wichtiges Match am Anfang des Turniers“, stellte Kerber fest und versicherte, sie habe nicht an ein frühes Aus gedacht. „Ich habe im dritten Satz versucht, das auszuspielen, was mich stark gemacht hat. Das gibt mir Selbstvertrauen für die nächsten Runden.“
Von der kleinen Angst dürfte gegen Witthöft nichts mehr zu spüren sein, beide bisherigen Vergleiche - allerdings auf Rasen in Wimbledon - entschied Kerber für sich. Auf ihre Gegnerin will sie an ihrem 29. Geburtstag auch gar nicht so sehr schauen.
Die 21-jährige Hamburgerin kündigte nach dem 7:5, 7:6 (8:6) über Qualifikantin Eri Hozumi aus Japan an, unbefangen aufspielen zu wollen. Witthöft freut sich auf die nicht so häufige Chance, gegen eine Nummer eins zu spielen. „Ich verspüre keinen Druck. Sie hat den Druck, sie ist haushohe Favoritin“, sagte die 89. der Weltrangliste. Witthöft will versuchen, das Spiel zu diktieren und mögliche Chancen zu nutzen. Bei Kerbers beiden frühen Turnier-Niederlagen in diesem Jahr entdeckte sie Schwächen, verriet aber nicht, welche.
Auf Mona Barthel, der es nach gesundheitlichen Problemen besser geht, wartet nach dem 6:3, 7:6 (7:4) gegen das australische Talent Destanee Aiava eine schöne Aufgabe gegen Olympiasiegerin Monica Puig aus Puerto Rico. Puig hatte im Rio-Finale Kerber das Gold weggeschnappt.
Görges rang die Tschechin Katerina Siniakova 3:6, 6:3, 6:4 nieder und fand die unruhige Atmosphäre auf dem Außenplatz nahe der Bahngleise neben ratternden Straßen- und S-Bahnen nicht Grand-Slam-würdig. Die dreimalige Achtelfinalistin von Melbourne trifft auf die frühere Weltranglisten-Erste Jelena Jankovic aus Serbien, die sich mit 6:1, 1:6, 6:4 gegen Siegemund für das Vorjahres-Aus revanchierte.
Annika Beck unterlag der Australierin Ashleigh Barty 4:6, 5:7, obwohl sie im ersten Satz 3:0 und im zweiten 4:2 führte.
Mischa Zverev siegte 6:3, 7:6 (7:5), 6:4 gegen den Spanier Guillermo Garcia-Lopez. „Ich war hier zehn Jahre nicht in der zweiten Runde. Ich habe lange genug gewartet“, sagte der 29-jährige Hamburger. Der ältere Bruder von Talent Alexander Zverev muss am Mittwoch gegen John Isner aus den USA antreten, den wegen seiner Aufschläge gefürchteten Riesen.
Eine Favoritin scheiterte bereits: die Rumänin Simona Halep. Die von Knieproblemen geplagte Weltranglisten-Vierte kommt nach dem 3:6, 1:6 gegen die Amerikanerin Shelby Rogers nicht mehr als Kerber-Gegnerin infrage. Der Weltranglisten-Erste und fünfmalige Finalist Andy Murray aus Schottland bezwang den Ukrainer Illja Martschenko mit Mühe 7:5, 7:6 (7:5), 6:2.