„Habe ich mir gewünscht“ Kerber mit Titelchance beim Saisonfinale
Singapur (dpa) - Angelique Kerbers grandiose Saison endet mit einem großen Finale. Als erste deutsche Tennisspielerin seit Steffi Graf vor 20 Jahren greift die Nummer eins am Sonntag um 12.30 Uhr nach dem Masters-Titel.
Im letzten Auftritt vor dem ersehnten Urlaub könnte die Kielerin mit einem Erfolg über Dominika Cibulkova ihr herausragendes Jahr krönen. Es wäre nach dem Australian-Open- und dem US-Open-Coup ihr dritter großer Titel in diesem Jahr. „Das ist das, was ich mir Anfang der Woche gewünscht habe“, sagte die 28-Jährige. „Ich weiß noch gar nicht, was auf mich zukommt. Aber die Erfahrung aus den letzten Finals gibt mir Sicherheit und Ruhe.“
Das überlegene 6:2, 6:1 in nur 75 Minuten im Halbfinale gegen die polnische Vorjahressiegerin Agnieszka Radwanska war nicht packend, aber umso wertvoller: Die leicht erkältete Kielerin zog erstmals in das Endspiel des Saisonabschlusses der besten acht Tennis-Damen des Jahres ein - und sparte dabei Kräfte. Die slowakische Powerfrau Cibulkova rackerte zuvor mehr als eine Stunde länger, bis sie die Russin Swetlana Kusnezowa 1:6, 7:6 (7:2), 6:4 niedergerungen hatte.
In Singapur schließt sich für Kerber ein Kreis. Mit einem Drei-Satz-Erfolg über Cibulkova im ersten Vorrundenspiel begann ihre Siegesserie. „Es ist merkwürdig, gegen die gleiche Gegnerin in einem Turnier zweimal zu spielen. Das ist mir noch nie passiert“, sagte die Linkshänderin. „Es wird nicht einfach. Sie fightet bis zum letzten Punkt. Und sie wird auch aus dem letzten Match gelernt haben.“
Insgesamt hat die zweifache Grand-Slam-Siegerin Kerber fünf von neun Duellen für sich entschieden - und zwar die vergangenen fünf. „Ich könnte mir nichts mehr wünschen, als gegen sie im Finale zu spielen und mich zu revanchieren“, kündigte WM-Debütantin Cibulkova an.
Eine ehemalige Tennis-Größe nach der anderen äußerte sich in den vergangenen Tagen lobend über die Schleswig-Holsteinerin. Martina Navratilova und Chris Evert hat Kerber generell mit ihrer Einstellung überzeugt. „Sie hat die Nummer-eins-Position mit Freuden angenommen. Sie mag diesen Druck. Sie läuft hier herum, als ob sie an sich selbst glaubt“, sagte die neunmalige Wimbledonsiegerin Navratilova.
Am Samstag bestach Kerber in ihrem ersten Halbfinale bei ihrer vierten Masters-Teilnahme durch ihre Konstanz und Fitness. Vor nur rund 5000 Zuschauern lieferten sich die beiden Kontrahentinnen umkämpfte Ballwechsel. Kerber trat jedoch immer sicherer auf. Die Polin spielte schwächer und leistete sich etliche vermeidbare Fehler.
Problemlos baute Kerber ihren Vorsprung aus. Als eine Rückhand von Radwanska im Netz landete, hatte Kerber den ersten Matchball genutzt. Lächelnd klopfte sich die Topgesetzte mit der Faust auf die Brust und umarmte nach der einseitigen Angelegenheit am Netz ihre Tennis-Freundin.
„Es ist so ausgeglichen. Ich denke, das wird die Zukunft sein. Wir werden jede Woche andere Spielerinnen sehen“, urteilte die 61-jährige Evert über die Damen-Szene. In der Gegenwart aber tritt Kerber nach Wimbledon, Rio und New York zum vierten Mal in Serie als Protagonistin im Endspiel der wichtigsten Turniere an.
Ihre denkwürdige Saison hat die „Spielerin des Jahres“ der WTA um ein Match verlängert und einen aufregenden Showdown zum Abschluss sicher. „Ich bin schon relativ froh, dass es zu Ende geht und ich alles Revue passieren lassen kann“, sagte Kerber. „Es reicht dann auch für dieses Jahr.“ Noch hat sie den Urlaubsstrand aber nicht vor Augen: „Es ist das letzte Spiel - da hole ich noch mal alles raus.“