„Musketier“ Stan Wawrinka nun unter den Top Vier

Paris (dpa) - Seinen Glücksbringer hatte Stan Wawrinka bis zum Ende dabei. Selbst bei der Sieger-Pressekonferenz nach seinem Triumph bei den French Open durften die rot-weiß karierten Shorts nicht fehlen, die im modebewussten Paris seit Turnierbeginn für viel Gesprächsstoff gesorgte hatten.

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„Ich scheine der Einzige zu sein, dem sie gefällt“, sagte der Schweizer grinsend, nachdem er die Hose vor sich auf dem Podium ausgebreitet hatte. „Sie kommt ins Museum von Roland Garros. Ihr könnt sie jeden Tag sehen, wenn ihr wollt.“

Da saß er also nun, der neue König von Paris, vor ihm der Coupe des Mousquetaires und das heftig diskutierte Modestück. Es war der perfekte und schlüssige Abschluss zweier Turnierwochen, nach denen Wawrinka endgültig im Tennis-Olymp angekommen ist. Jahrelang wurde von seinem unterlegenen Finalgegner Novak Djokovic, Landsmann Roger Federer, dem Spanier Rafael Nadal und dem Briten Andy Murray als die Big Four, die Großen Vier, gesprochen, an die keiner heranreicht.

Doch nun gehört Wawrinka dazu, ob er will oder nicht - offiziell dokumentiert auch in der am Montag veröffentlichten Weltrangliste: Wawrinka Vierter hinter Murray, Federer und Djokovic; Nadal nur noch auf Platz zehn. „Besser als der Beste. Diesen Pokal zu erringen, so sagt man, brauche so viel Mut, Tapferkeit und Kampfeswillen, wie er Musketieren zugesprochen wird. Stan Wawrinka darf sich nun zu den Musketieren zählen“, schrieb der „Tages-Anzeiger“.

„Die Big Four werden immer die Big Four sein. Ich versuche nicht, mich mit ihnen zu vergleichen, aber ich versuche, sie zu schlagen“, sagte der 30-Jährige. Auf dem Weg zu seinem zweiten Grand-Slam-Titel nach dem Gewinn der Australian Open im vergangenen Jahr gelang ihm das in Paris mit Bravour. „„Stan the Man“ ist zweifacher Grand-Slam-Champion! Er fegt auch die seit 29 Matches unbesiegte Weltnummer 1 vom Platz“, schrieb „Blick“ euphorisiert.

Im Viertelfinale gewann er das Prestigeduell mit Federer, im Endspiel verwehrte er Djokovic den letzten noch fehlenden Triumph bei einem der vier Major-Events. „Das war sicher eines der besten Matches meiner Karriere, wenn nicht sogar das beste“, sagte Wawrinka nach seinem 4:6, 6:4, 6:3, 6:4-Erfolg in etwas mehr als drei Stunden über den derzeit besten Spieler der Welt. Djokovic, der sich den Erfolg beim Sandplatz-Klassiker im Bois de Boulogne so sehr gewünscht hatte, zeigte sich als fairer Verlierer und zollte dem Schweizer Respekt.

„Er ist ein kompletter Spieler“, sagte der Schützling von Boris Becker, der in seiner aktiven Karriere ebenfalls nie in Paris gewinnen konnte. Wawrinka hat dies nun geschafft, und damit ist er nicht mehr der Zufallschampion, der einmal bei einem Grand-Slam-Turnier durchgekommen ist.

Bis Sonntag hatten Wawrinka viele immer noch nicht auf der Rechnung, taten seinen Sieg in Melbourne 2014 damit ab, dass sein Finalgegner Rafael Nadal verletzt gewesen sei. Doch nun ist Stan the Man auch in den Köpfen der letzten Zweifler angekommen, was auch ein Verdienst seines Trainers Magnus Norman ist.

Der Schwede, der in Paris einst seinen Landsmann Robin Söderling bis ins Finale coachte, hat Wawrinka endgültig zu einem Topspieler geformt. Mit harter Arbeit und bezugnehmend auf den Spruch von Samuel Beckett, den sich Wawrinka auf den rechten Unterarm tätowieren ließ: „Immer versucht, immer gescheitert. Egal. Versuche es weiter, scheitere wieder, scheitere besser.“

In den Monaten vor den French Open war Wawrinka in den Turnieren oft früh gescheitert, privat sorgte er mit der Trennung von seiner Frau Ilham für Schlagzeilen. Doch seit er sein Privatleben geklärt hat, geht es wieder aufwärts. „Ich habe meine Balance gefunden“, sagte der Davis-Cup-Champion und jetzt zweimalige Grand-Slam-Sieger. Und ein Kleidungsstück, das längst Kultstatus genießt.