Nach Scharapowa-Aus: Alles spricht für Asarenka
Melbourne (dpa) - So richtig schwer wurde es für Victoria Asarenka erst nach dem Spiel. Immer und immer wieder wurde die Weißrussin gefragt, ob jetzt, da Serena Williams und Maria Scharapowa nicht mehr im Turnier sind, ihr dritter Melbourne-Sieg in Serie nicht nur noch reine Formsache sei.
„Nein, das spielt überhaupt keine Rolle“, antwortete Asarenka stets tapfer. „Die Spielerinnen, die Serena und Maria geschlagen haben, verdienen allen Respekt.“
Doch nachdem sich einen Tag nach Topfavoritin Serena Williams auch noch die Weltranglisten-Dritte Scharapowa völlig überraschend aus dem ersten Grand-Slam-Event der Tennis-Saison verabschiedet hatte, spricht alles für Asarenka. Zumal die Nummer zwei der Welt im brisanten Duell mit der Amerikanerin Sloane Stephens eine starke Leistung zeigte und beim 6:3, 6:2 nie in Gefahr geriet. Dass Stephens mit einer Handgelenksverletzung zu kämpfen hatte, spielte nur eine untergeordnete Rolle.
„Jetzt muss man sagen, Hattrick für Asarenka“, antwortete die frühere Weltranglisten-Erste Martina Hingis auf die Frage, wer für sie jetzt Favoritin sei. „Sie hat sehr gut gespielt, wer soll sie jetzt hier noch schlagen?“
Scharapowa auf jeden Fall nicht mehr. Die Russin konnte die Gunst der Stunde nach dem sensationellen Williams-Aus gegen die Serbin Ana Ivanovic nicht nutzen. Wie die übermächtige Amerikanerin wurde auch Scharapowa von ihrem Körper ausgebremst. Die 26-Jährige, gerade erst zurück von einer Schulteroperation, klagte über Schmerzen an der Hüfte. „Ich denke, es liegt daran, dass ich viel gespielt habe. Es war erst mein zweites Turnier nach langer Pause.“
Anfangs sah es für die viermalige Grand-Slam-Turnier-Siegerin trotzdem noch gut aus. Den ersten Durchgang gewann sie gegen die Slowakin Dominika Cibulkova mit 6:3, doch in der Folgezeit wirkte sie plötzlich gehemmt und gab die Sätze zwei und drei mit 4:6, 1:6 ab. Ob sie nach dem Aus von Williams nicht eine große Chance verpasste habe, wurde Scharapowa später gefragt. „Nein, überhaupt nicht“, antwortete sie. Doch so schmallippig und kurz angebunden wie sie reagierte, zeigte deutlich, wie genau der Fragesteller den Nerv getroffen hatte.
„Das Feld ist nun weit offen“, analysierte die frühere Weltklassespielerin Martina Navratilova. Asarenka ging in der Rod Laver Arena deutlich besser mit der neuen Situation um. Von Beginn an ließ sie keinen Zweifel, dass sie nicht das dritte prominente Opfer dieser verrückten Damen-Konkurrenz werden will.
Im vergangenen Jahr hatte sie sich gegen Stephens in der entscheidenden Phase des Matches eine umstrittene Behandlungspause genommen, die Sympathien fliegen ihr seitdem auf dem fünften Kontinent nicht unbedingt zu. Auch wenn die Weißrussin mit der Beziehung zu dem in Australien extrem populären Musiker Redfoo versucht, einen gewissen Glamour-Faktor zu entwickeln.
Doch im Endeffekt geht es für sie nur um eines - um den Titel. „Das ist mein großes Ziel“, hatte sie schon vor dem Turnier gesagt. Dass die Chance auf einmal so groß sein würde, hatte sie aber auch nicht erwartet. Denn die Konkurrentinnen heißen nicht mehr Williams und Scharapowa, sondern Cibulkova, Halep oder Bouchard. „Du musst gewarnt bleiben“, sagte Asarenka zwar ein weiteres Mal. Den Stempel der neuen Topfavoritin wird sie aber nicht mehr los.