Rekord-Sieger Roger Federer steckt in der Krise

Roger Federer kann sich am Mittwoch auf den letzten Drücker für die ATP-WM qualifizieren. Nach der Talfahrt in diesem Jahr übte er Selbstkritik.

Paris. Wenn am Montag die ATP-Tennis-Weltmeisterschaften in London beginnen, dann könnte einer fehlen, der eigentlich zum Inventar des Turniers gehört. Roger Federer braucht am Mittwoch im Spiel gegen Kevin Anderson beim Hallenturnier in Paris noch einen Sieg, um nächste Woche sicher dabei zu sein. So spannend wie in diesem Jahr machte es der Schweizer Superstar schon lange nicht mehr.

Rückblick: Seit 2002 ist der 32-Jährige ohne Ausnahme beim Turnier der weltbesten acht Spieler dabei gewesen. Bei seinem Debüt vor elf Jahren hatte nicht nur die WM mit „Master Cup“ noch einen anderen Namen, auch die Gegner hießen anders — Andre Agassi, Albert Costa oder auch Marat Safin waren unter anderem dabei. Das vielversprechende „Talent“ Federer erreichte damals das Halbfinale und holte in den folgenden Jahren sechs mal den Titel — zwei weitere Male stand er im Finale.

Dass Federer die WM-Qualifikation in diesem Jahr erst auf den letzten Drücker schaffen könnte, ist jedoch nur die Folge seiner schwächsten Saison seit zwölf Jahren. Der ehemalige Weltranglistenerste und mit 17 Titeln Rekord-Grand-Slam-Sieger konnte wie zuletzt im Jahr 2001 nur einen Turniersieg einfahren. In Halle in Westfalen.

Zudem stand er erstmals wieder in keinem Grand-Slam-Finale und konnte in acht Spielen gegen einen Top-Ten-Spieler bisher nur eines gewinnen — der einzige Sieg im Viertelfinale der Australian Open gegen Jo-Wilfried Tsonga liegt mittlerweile neun Monate zurück.

Die vielen Niederlagen scheinen Federer zu bestärken etwas zu verändern: Vor knapp zwei Wochen feuerte er seinen Trainer Paul Annacone, doch auch öffentlich übte er Selbstkritik: „Ich habe Matches gespielt, die ich niemals hätte spielen sollen“, sagte der 32-Jährige während des ATP-Turniers in seiner Heimat Basel, bei dem er zumindest das Finale erreichte. „Im März in Indian Wells hätte ich, als ich Rückenprobleme hatte, vor dem Viertelfinale zurückziehen sollen.“ Zudem habe er im Sommer nicht auf Sand in Hamburg und Gstaad spielen sollen.

Obgleich das große Saisonfinale noch bevorsteht und Federer allein aufgrund seiner Erfahrung aus über 1100 Einzelmatches auf der Tour für Überraschungen sorgen kann, schaut er bereits in die Zukunft. „So lange mein Körper und meine Psyche in der Lage sind, auf der Tour zu bleiben, bin ich glücklich mit dem, was ich mache. Ich bin erfolgreich“, sagte er. „Ich werde noch einige Zeit spielen. Daran haben die harten letzten sechs Monate nichts geändert.“

In London bei der WM hat Federer noch einmal die Gelegenheit für einen einigermaßen versöhnlichen Saisonabschluss zu sorgen. Die Tennis-Fans in London würden sich wünschen, dass der Publikumsliebling nach dem verletzungsbedingten Aus des Briten Andy Murray doch noch seinen siebten Titel holt.