Rittner: „Olympische Medaillen sind möglich“

London (dpa) - Fed-Cup-Teamchefin Barbara Rittner ist derzeit erfolgsverwöhnt. Nach Angelique Kerbers Halbfinalteilnahme in Wimbledon hat sie nun mit ihren „Mädels“ Olympia fest im Visier.

Im Interview mit der Nachrichtenagentur dpa spricht sie über die Medaillenchancen, weitere Talente in ihrer Hinterhand und das Treffen zwischen Kerber und deren Idol Steffi Graf in Wimbledon.

Im Herbst kam Angelique Kerber aus dem Nichts ins Halbfinale der US Open. Wie ist nun ihr Halbfinaleinzug in Wimbledon einzuordnen?

Barbara Rittner: „Das zeigt einfach, dass sie in der Weltspitze angekommen ist. Aber das hat sich nicht jetzt erst bestätigt durch Wimbledon, sondern durch die ganzen letzten Wochen und Monate.“

Wimbledon war auch die Generalprobe für Olympia: Was erwarten Sie sich von Ihrem Quartett Kerber, Sabine Lisicki, Andrea Petkovic und Julia Görges bei den Spielen in London?

Rittner: „Ich erwarte erst einmal nichts. Ich weiß, was in den Mädels steckt und ich weiß auch, dass es möglich ist, Medaillen zu holen. Aber ich habe die Erwartung, dass ich mich einfach auf die Olympischen Spiele freue. Ich weiß, dass die alle ihr Bestes geben, aber die Konkurrenz ist unheimlich eng. Wenn vieles zusammenkommt, können wir auch die ein oder andere Medaille holen.“

Nun sind Lisicki und Kerber, die in Wimbledon für Furore gesorgt haben, derzeit längst nicht die einzigen Hoffnungsträgerinnen. Sagen Sie doch mal etwas zur immensen Breite im deutschen Damentennis.

Rittner: „Allem voraus ist der Wunsch, dass Andrea Petkovic zurückkommt. Sie war letztes Jahr eine, die dreimal im Viertelfinale beim Grand-Slam-Turnier stand. Wenn die da auch noch mitmischen würde, dann wäre das natürlich sehr schön! Und es kommt schon die nächste Generation nach, an die die Erwartungen auch sehr hoch sind: Da gibt es eine Dinah Pfizenmaier, die jetzt an den ersten 100 kratzt, Annika Beck, die Paris bei den Juniorinnen gewonnen hat, Antonia Lottner, die mit ihren 15 Jahren tolle Erfolge im Jugendbereich feiert, oder eine Carina Witthöft, die sich in die ersten 300 gespielt hat mit ihren 17 Jahren. Die sind auch alle im Porsche-Talent-Team mit einer ziemlich guten Unterstützung.“

Petkovic scheint Initiatorin und Mutmacherin für den Gesamterfolg gewesen zu sein - stimmt das? Wird sie nach ihrem Bänderriss im Sprunggelenk definitiv noch rechtzeitig fit für Olympia?

Rittner: „Sie ist im Moment gut im Plan. Nach so einer Verletzung muss man erst einmal abwarten. Die Generalprobe wird erst eine Woche vorher sein, wenn sie volle Belastung im Training gehen kann. Sie wird auch nur spielen, wenn das der Fall ist. Vorreiterin vom Erfolg her war zwar Sabine Lisicki mit ihrem Viertelfinale vor vier Jahren in Wimbledon und ihrem Turniersieg in Charleston. Aber Andrea ist natürlich vom Typ her eine, die diesen Mut und das Zutrauen auf die anderen noch mehr überträgt, die auch ein Teamplayer ist und sich nicht nur selbst auf sich konzentriert. Deswegen spielt sie eine wichtige Rolle in dem ganzen Erfolgskonstrukt.“

Kerber kannte ihr großes Idol Steffi Graf bisher nur vom Fernseher. Aber jetzt in Wimbledon hat Graf sie überrascht und sich mit ihr in der Umkleide eine Weile unterhalten. Wie wichtig war das für Kerber?

Rittner: „Wichtig ist das überhaupt nicht - es ist einfach schön. Angie hat sich das gewünscht und Steffi hat es möglich gemacht. Daran sieht man auch, was für ein toller Charakter Steffi ist, die sich dann auch die Zeit nimmt, weil sie das von mir gehört hatte. Jetzt hat Steffi die Mädels alle schon kennengelernt. Aber der direkte sportliche Vergleich mit Steffi ist unfair, da wehr' ich mich dagegen und da wehren sich die Spielerinnen zu Recht dagegen.“

Das Damentennis heute scheint viel athletischer als früher. Hätte die junge Graf eine Chance gegen Angelique Kerber?

Rittner: „Ich scheue den Vergleich: Es war eine andere Generation. Ich sag nur: Steffi ist ein Jahrtausend-Talent gewesen. Es wird nie wieder so eine Spielerin geben. Sie war unglaublich athletisch. Ich schlage ja mit den allen immer noch selbst Bälle und ich bin mir sicher, dass eine Steffi, wenn sie nochmal jung wäre, ganz sicher auch heute absolute Weltspitze wäre.“