Wimbledon ohne Becker und Djokovic

London (dpa) - Boris Becker wird eine ungewohnte zweite Woche von Wimbledon erleben. Seit Dezember 2013 betreut er Novak Djokovic.

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Seitdem nahm er im Finale in seinem „Wohnzimmer“ stets die Nebenrolle als mitfiebernder Trainer ein. Zweimal nacheinander stieß Becker mit seinem Schützling auf den Titel an. Diesmal endete der Weg des serbischen Tennis-Stars schon am ersten Wochenende. Überraschend scheiterte der Titelverteidiger am Weltranglisten-41. Sam Querrey aus den USA. Mit 6:7 (6:8), 1:6, 6:3, 6:7 (5:7) in der dritten Runde.

Für Djokovic ist es eine Niederlage, die mächtig schmerzt. Es vermasselt ihm die Chance auf den Grand Slam, oder gar den Golden Slam, den bislang nur Steffi Graf geschafft hat. Selbst seine Konkurrenten hatten ihm zugetraut, alle vier wichtigsten Titel in diesem Jahr abzuräumen und Olympia-Gold zu gewinnen. Der 29-Jährige schien unantastbar.

„Ich glaube, das hat nicht so eine große Rolle gespielt“, antwortete die Nummer eins der Tennis-Welt auf die Frage, ob dieses historische Ziel eine Last gewesen sei. So schnell wie möglich wollte der Familienvater Abstand vom Tennis gewinnen.

Seit Monaten, gar Jahren, war der 12-malige Grand-Slam-Sieger die Konstanz in Person. Seit dem Endspiel in Paris 2015 gegen Stan Wawrinka verlor er nicht mehr bei den vier größten Events. So früh wie gegen Querrey scheiterte er zuletzt vor sieben Jahren, als er 2009 in Roland Garros gegen den Augsburger Philipp Kohlschreiber ausschied. Seitdem war er immer mindestens im Viertelfinale.

Nun hat ihn jemand besiegt, der noch nie in einem Viertelfinale eines Grand Slams stand. „Ich glaube an die positiven Sachen im Leben, und ich habe es vollbracht, vier Grand Slams nacheinander zu gewinnen. Darauf konzentriere ich mich“, sagte Djokovic, „mehr als auf das Scheitern.“ Erst als dritter Spieler der Tennis-Geschichte hatte der Serbe alle vier Grand-Slam-Titel zur gleichen Zeit in seinen Besitz gebracht. Auch den letzten ihm noch fehlenden großen Sieg hatte er bei den French Open geholt.

30 Partien gewann er nacheinander bei den vier wichtigsten Turnieren. „Die Abstände sind gering. Wir denken, es ist unmöglich, ihn zu schlagen. Aber natürlich ist er schlagbar. Er kann keine 200 Matches am Stück gewinnen“, sagte der siebenmalige Wimbledon-Champion Roger Federer. „Der Titan ist gefallen“, schrieb „The Sunday Telegraph“. „Wham Bam.... Danke dir, Sam“, kommentierte die „Sunday Times“, weil die Chancen für Andy Murray rapide gestiegen sind. Auch für den Schweizer Federer eröffnen sich neue Perspektiven. Er wäre im Halbfinale auf Djokovic getroffen.

Becker erhob sich konsterniert von seinem Tribünen-Platz, als am Samstag eine Vorhand von Djokovic weit ins Aus flog und das Match entschieden war. Die Niederlage gegen Querrey hatte schon am Freitag seinen Anfang genommen. Djokovic gab die ersten beiden Sätze ab. Dann rettete ihn zunächst der Regen.

In der Fortsetzung gewann er Satz drei, schlug im vierten Durchgang zum Satzausgleich auf, vergab aber die Chance. Als die Organisatoren die Profis dann bei 5:6 zum dritten Mal am Samstag wegen Regens in die Kabine schickten, winkte Djokovic mit seinem Schläger ein wenig verzweifelt in Richtung Becker. Doch auch die Tipps des dreimaligen Wimbledon-Champions halfen nicht mehr. „Ich werde nicht lügen und sagen, dass ich in das Match gegangen bin und geglaubt habe, ich könnte es gewinnen“, gab Querrey später zu.

Djokovic gab sich als fairer Verlierer, äußerte sich aber auch kryptisch. Auf die Frage, ob er „100 Prozent gesund“ gewesen sei, antwortete er: „Nicht wirklich. Aber das ist nicht der Ort, um darüber zu sprechen.“