Zeit der Zweifler: Federers Aura ist verflogen

New York (dpa) - War's das, Roger Federer? Wieder einmal ist der einstige Regent des Herren-Tennis früh gestürzt. Ausgeschieden im Achtelfinale der US Open gegen den Spanier Tommy Robredo, dessen beste Zeit schon ein paar Jahre zurückliegt.

„Er musste noch nicht einmal außergewöhnliche Sachen machen, um mich zu schlagen“, sagte der 32 Jahre alte Schweizer nach dem 6:7 (3:7), 3:6, 4:6. 68 Tage nach seinem Wimbledon-Aus in Runde zwei gegen den Ukrainer Sergej Stachowski wird ihn diese Erkenntnis noch mehr schmerzen als die unerbittlich wiederkehrenden Fragen und Zweifel.

Auftreten, Körpersprache und verlorenes Selbstvertrauen des 17-maligen Grand-Slam-Champions befeuerten an diesem Abend im Flushing Meadows Corona Park die Befürchtungen, dass Federers beste Zeit nicht wiederkommen wird. Wenn die Statistiker in der Vergangenheit Federer-Momente veröffentlichten, reichten irgendwann die Rekordspalten nicht mehr aus. Längste Siegesserie hier, x-tes Finale da, die meisten Wochen auf Platz eins der Weltrangliste, die größte Titelausbeute bei Grand-Slam-Turnieren überhaupt.

Mittlerweile sieht sich Federer mit ganz anderem Zahlenmaterial konfrontiert. Zum ersten Mal seit 2002 schafft er es in diesem Jahr in kein Major-Finale. Erstmals seit zehn Jahren verabschiedete er sich so früh aus New York. Im elften Duell mit Robredo kassierte er nach zuvor zehn Siegen die erste Niederlage. Der Computer der ATP führt ihn nur noch auf Platz sieben, die Teilnahme an der WM der besten acht Spieler der Saison ist ernsthaft in Gefahr.

„Es ist enttäuschend und frustrierend“ sagte Federer. Direkt nach dem Match, noch ungeduscht und in hellblauen Shorts, wollte er die Fragerunde hinter sich bringen. Die schwarze Trainingsjacke über dem Shirt passte bestens zum Gemütszustand des Zwillingsvaters.

2012 hatte er sich den Platz auf dem Tennis-Thron zurückerobert, in Wimbledon seinen siebten Titel und bei Olympia die Silbermedaille im Einzel gewonnen. In diesem Jahr aber feierte der fünfmalige US-Open-Champion bislang nur den Turniersieg im westfälischen Halle. Zuletzt machten ihm Rückenprobleme zu schaffen, er versuchte es erfolglos mit einem größeren Schläger und verlor gegen Spieler wie Stachowski, Federico Delbonis oder Daniel Brands. „Ich hatte in den letzten drei Monaten ein paar Rückschläge“, räumte Federer ein.

Am Wochenende vor Turnierbeginn druckte die „International Herald Tribune“ auf der Titelseite ein großformatiges Bild des einstigen Tennis-Magiers im weißen Hemd und schrieb dazu: „Ein Champion, der keinerlei Anzeichen zeigt, aufzugeben“. Aufgeben oder zurücktreten wird Federer noch nicht. Er ist schon wiederholt abgeschrieben worden und hat die Zweifler und Kritiker noch jedes Mal widerlegt.

Auch jetzt sagte er: „Ich breche sicher nicht in Panik aus. Ich muss da jetzt durch. Ich muss die Niederlage akzeptieren und nach vorne schauen und so trainieren, dass ich den Weg wieder zurück finde.“ Aber ob Roger Federer seiner einzigartigen Titelsammlung noch eine weitere Grand-Slam-Krone hinzufügen wird? Nach diesem Auftritt gegen Robredo mit 43 unerzwungenen Fehlern und nur zwei von 16 genutzten Breakbällen lautet die bittere Antwort: Eher nein.