Wimbledon Zverev verpasst Coup - Kerber nach Achtelfinal-Aus gefasst
London (dpa) - Gekämpft bis zum letzten Ballwechsel - und am Ende doch im Achtelfinale gescheitert: Die besten deutschen Tennisprofis Angelique Kerber und Alexander Zverev sind in Wimbledon trotz starker Auftritte ausgeschieden.
Der 20 Jahre alte Hamburger unterlag dem an Nummer sechs gesetzten Milos Raonic aus Kanada erst nach fünf Sätzen 6:4, 5:7, 6:4, 5:7, 1:6 und verpasste damit sein erstes Viertelfinale bei einem Grand-Slam-Turnier.
Kerber musste sich trotz ihrer besten Leistung in dieser Saison und einer endlich wieder einmal überzeugenden Vorstellung der Spanierin Garbiñe Muguruza mit 6:4, 4:6, 4:6 geschlagen geben und verliert damit auch nach 34 Wochen an der Spitze Platz eins der Weltrangliste.
„Es ist einfach frustrierend“, sagte Zverev und haderte vor allem mit seinen vergebenen Breakchancen. „Nur drei von 17, das ist schlecht.“ Raonic zerstörte mit seinem Sieg in 3:23 Stunden auch Zverevs Hoffnung auf ein Viertelfinale gegen sein großes Idol Roger Federer. Ohne Satzverlust war der jüngere der beiden Zverev-Brüder auf den berühmten Rasenplätzen an der Church Road bis ins Achtelfinale vorgedrungen. Und auch gegen Raonic legte das größte deutsche Talent seit Boris Becker und Michael Stich selbstbewusst und cool los.
Von den Monster-Aufschlägen seines Gegenübers mit mehr als 220 Stundenkilometern ließ er sich nicht zermürben. Zverev erwies sich als Kontrahent auf Augenhöhe. Er zelebrierte Breaks mit der Becker-Faust und schlug nur wenig langsamer auf als Raonic. Die Partie wurde zu einem nervenaufreibenden Auf und Ab. In 36 Minuten ging Satz eins an Zverev, in 46 Minuten Satz zwei an Raonic. Wiederum 46 Minuten brauchte Zverev für den Gewinn des dritten Durchgangs.
Im vierten dann führte Zverev beim Stand von 5:6 aus seiner Sicht mit 40:15, schaffte es trotz eigenen Aufschlags aber nicht in den Tiebreak, sondern musste nach 48 Minuten den Satzverlust hinnehmen - der wohl entscheidende Moment, der die Partie zugunsten von Vorjahresfinalist Raonic kippen ließ.
Wie Zverev darf sich auch Kerber trotz der Niederlage ermutigt aus London verabschieden. „Ich bin auf einem guten Weg. Ich werde trotzdem mit einem positiven Gefühl abreisen. Diese Motivation und diese Leidenschaft auf dem Platz sind zurück“, sagte sie.
Denn was in den Statistiken als weiterer Rückschlag einer bislang enttäuschenden Saison verzeichnet wird, könnte sich für die Vorjahresfinalistin tatsächlich als Wendepunkt im Jahr 2017 erweisen. „Am Ende waren es ein, zwei Punkte, es hätte auch anders ausgehen können. Ich habe heute getan, was ich konnte. Und das ist ein gutes Gefühl, dass ich das Beste aus dem heutigen Tag gemacht habe“, sagte Kerber und gab ein ganz anderes Bild ab als noch vor sechs Wochen nach ihrem deprimierenden French-Open-Aus in der ersten Runde.
Irgendetwas müsse sich ändern, sagte sie damals zerknirscht. Nun konnte Kerber in der Pressekonferenz sogar schon wieder lächeln und freute sich, dass „diese Ranking-Fragen jetzt nicht mehr kommen werden“. Und sagte dann nach den spektakulären und hochklassigen 2:20 Stunden den schönen Satz: „Ich gehe jetzt wieder da raus, um die Matches zu gewinnen und nicht, um sie nicht zu verlieren.“
Kerber trat gegen die French-Open-Siegerin von 2016 und Wimbledon-Finalistin von 2015 so überzeugend auf wie seit Monaten nicht. „Sie hat so gut gekämpft und nach einem herausragenden Spiel die Belohnung verpasst“, sagte Bundestrainerin Barbara Rittner nach dem qualitativ hochwertigen und bis zum Schluss spannenden Match.