Was macht das IOC nach dem WADA-Report?
Toronto (dpa) - Nach der Veröffentlichung des Berichts zum staatlich gesteuerten Doping im russischen Leistungssport schaut die Sportwelt auf das Internationale Olympische Komitee (IOC) und seinen deutschen Präsidenten Thomas Bach.
Die Forderungen nach Sanktionen gegen die bedeutende Sport-Nation reichen bis zum Komplett-Ausschluss von den Olympischen Spielen in Rio.
Was ist bei der Untersuchung durch die Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) gegen Russland herausgekommen?
Nach Ansicht der WADA-Ermittler unter Leitung des kanadischen Anwalts Richard McLaren hat Russland jahrelang Doping im Spitzensport staatlich geschützt und gefördert. Dopingproben wurden manipuliert, Medaillen erschwindelt - und das unter konspirativer Hilfe durch den Geheimdienst. Zwischen 2012 und 2015 seien 643 positive Doping-Proben russischer Athleten in rund 30 Sportarten verschwunden - und damit negativ geworden, hieß es in dem Bericht.
Was fordert die WADA als Konsequenz aus dem Report?
WADA-Chef Craig Reedie forderte das IOC und das Internationale Paralympische Komitee (IPC) auf, einen kompletten Olympia-Ausschluss Russlands gründlich zu prüfen. Grundlage der Prüfung und für mögliche Sanktionen sei die Olympische Charta, hieß es in einem WADA-Statement weiter. Zudem sollte russischen Regierungsmitgliedern der Zugang zu internationalen Wettbewerben untersagt werden. Außerdem wurde der FIFA aufgefordert, als Reaktion auf den verheerenden Report den Sportminister Witali Mutko zu überprüfen. Der Spitzenfunktionär ist Mitglied im Council des Fußball-Weltverbands.
Wie reagiert der russische Sport?
Der russische Präsident Wladimir Putin kündigte nach den WADA-Vorwürfen erste Maßnahmen an. „Funktionäre, die in dem Bericht als direkt Beteiligte genannt werden, sollen bis zum Ende der Untersuchungen suspendiert werden“, teilte Putin am Montag in Moskau mit. Putin kritisierte zugleich den Bericht als Rückfall in die 1980er Jahre und erinnerte an die Boykotte. Damals sei der Sport als Geisel genommen worden. „Jetzt beobachten wir einen gefährlichen Rückfall einer Einmischung der Politik in den Sport.“
Putin kritisierte, dass der WADA-Bericht auf den Aussagen eines einzelnen Menschen mit einem „skandalösen Ruf“ basiere. Damit spielte er auf den Whistleblower Grigori Rodschenkow an. Dmitri Swischtschjow, Vorsitzender des Sportausschusses im russischen Parlament, hatte zuvor Haft für den in den USA lebenden ehemaligen Leiter des Anti-Doping-Labors in Moskau gefordert und ihn als „Verleumder und Schurken“ bezeichnet.
Wie reagiert das IOC?
IOC-Präsident Bach sprach in einer Stellungnahme davon, dass das IOC nicht zögern würde, „die härtest möglichen Sanktionen gegen jede beteiligte Person oder Organisation zu ergreifen“. Die Ergebnisse des Berichts zeigten „einen schockierenden und beispiellosen Angriff auf die Integrität des Sports und die Olympischen Spiele“. Doch wie mögliche Sanktionen aussehen, ließ er offen.
Zweifel an einem Komplett-Ausschluss sind durchaus begründet. Bach hat zwar „null Toleranz“ gepredigt, bislang aber eine Kollektivstrafe abgelehnt. Ein Badminton-Spieler dürfe nicht für Manipulationen eines Offiziellen oder eines Laborleiters bestraft werden, hatte er stets gesagt. Ob die erbrachten Beweise die IOC-Haltung mit Blick auf Rio aufweichen, muss sich nun schnell zeigen.
Wie geht es für Russland weiter?
Nach dem WADA-Report ist vor dem CAS-Urteil. Der Internationale Sportgerichtshof will bis Donnerstag über den Einspruch gegen den Olympia-Ausschluss der russischen Leichtathleten entscheiden. Bei diesem Urteil dürfte der McLaren-Report sicher auch eine Rolle spielen. Kommt es zum Ausschluss des kompletten russischen Olympia-Teams, hat sich das CAS-Urteil wohl erledigt.