Biathlon-WM: Lesser holt Gold - Laura Dahlmeier Silber

Kontiolahti (dpa) - Kurz vor dem Ziel dreht sich Erik Lesser noch einmal zweifelnd um. Dann huscht ein Lächeln über sein abgekämpftes Gesicht. Wenig später kreuzt der Thüringer die Unterarme und reißt sie zum Bergarbeiter-Gruß in die Höhe.

In jenem Moment krönt der 26-Jährige in Kontiolahti mit dem allerersten Biathlon-Sieg als Verfolgungsweltmeister seine Karriere.

Genau wie Lesser küsste später auch Laura Dahlmeier ihre Langlauf-Skier - nach dem Gewinn der Silber-Medaille hinter der Doppel-Weltmeisterin und jungen Mutter Marie Dorin Habert aus Frankreich.

Es war der Dank an die Techniker, die im finnischen Nieselregen das richtige Setup gefunden hatten. „Ich bin total glücklich. Davon habe ich geträumt, seit ich ein kleines Kind war“, sagte die 21-Jährige. „Ich kann es noch gar nicht richtig begreifen. Das ist ein geiler Tag.“

Seine Geste im Augenblick des Triumphes erklärte der stolze Sieger Lesser so: „Wenn ich das so mache, dann ist es meist den Jungs in Aue gewidmet. Ich kämpfe hart, die Jungs kämpfen hart“, sagte der Fan des Fußball-Zweitligisten FC Erzgebirge Aue über die „gekreuzten Hämmer“. Denn kämpfen, das ist auch das Lebens-Motto des in Suhl geborenen Champions.

Ein Jahr nach seinem Silber-Coup im Einzel-Wettkampf bei Olympia in Sotschi war es wieder Lesser, der die Last der Erwartungen von den deutschen Skijägern nahm.

Nachdem die als Favoriten gehandelten Simon Schempp und Arnd Peiffer am Samstag im Sprint nicht in Fahrt kamen, war Lesser tags drauf im Jagdrennen mit einem Rückstand von 30 Sekunden als Fünfter auf Weltmeister Johannes Thinges Boe losgelaufen. Und siegte dank einer fehlerfreien Leistung am Schießstand mit einem Vorsprung von 17 Sekunden vor dem Russen Anton Schipulin und von 18,7 Sekunden vor dem Norweger Tarjei Boe.

Erwartet hatte Lesser den Erfolg nicht. Und genau das ist wohl das Geheimnis. „Das ist vielleicht das Quäntchen Realismus, das in mir steckt. Ich will einfach mein Ding machen.“ So einfach ist das manchmal.

„Es fühlt sich sehr geil an. Ich bin nicht angereist, um eine Medaille zu gewinnen, aber trotzdem nehme ich sie gerne, wenn ich sie um den Hals gehängt bekomme“, sagte er im Nieselregen. Wie der Biathlet wirklich tickt, zeigt dieser Satz: „Jetzt kann man wieder sagen, die Obrigkeiten haben eine Goldmedaille zu verzeichnen und die können sich freuen.“

Nach seinen 20 Volltreffern ist Lesser erst der dritte deutsche Verfolgungsweltmeister nach Ricco Groß und Frank Luck. Bundestrainer Mark Kirchner nahm seinen Schützling nach dem Triumph in den Arm. „Da ist einfach Freude pur. Eine große Genugtuung, die man verspürt“, sagte der Coach, selbst Olympiasieger.

„Er weiß, was verlangt wird bei Großereignissen“, beschrieb Kirchner seinen Weltmeister, den er in Oberhof, genau wie den letzten deutschen Weltmeister Peiffer (2011 im Sprint) betreut. Der WM-Sieg, meinte Kirchner, zeige, dass sich Lesser weiterentwickele. „Er ist ein Typ, der sehr rational gewisse Dinge einschätzen kann.“

„Er ist einfach ein cooler Hund“, sagte Dahlmeier über den neuen Weltmeister. Auch sie ist aus ähnlichem Holz geschnitzt. Die begeisterte Bergsteigerin hatte sich bei einer Klettertour im Zugspitzmassiv, die eigentlich nur als Ablenkung vom Trainingsalltag gedacht war, verletzt. Als ein Stück aus dem Fels herausbrach, an dem sie sich festhalten wollte, stürzte sie und das Sprunggelenk war kaputt. „Vor drei Monaten hätte ich nicht gedacht, dass die Laura schon so weit ist“, sagte Gerald Hönig.