Boathlon Biathlon WM-Sprint: Schnell wie ein Pferd
Laura Dahlmeier jubelt über Silber im WM-Sprint hinter Gabriela Koukalova
Hochfilzen. Ihr erster Weg führt hinüber zu ihm. Zu Petr. Innig umarmt Gabriela Koukalova ihren Ehemann. Seit neun Monaten sind sie verheiratet, und er, ein bekannter Badmintonspieler, weiß zu genau um die Gefühlswelt seiner Gabi. Nicht erst jetzt, wo sie Sprint-Weltmeisterin von Hochfilzen ist, und gewohnt charmant von der obersten Stufe des Podestes zu den 9100 Zuschauern winkt.
Neben ihr lacht Laura Dahlmeier. Nur vier Sekunden fehlen der 23-Jährigen zu Gold — und ist doch selig über ihr Silberstück, mit dem sie vor der Französin Anais Chevalier liegt. Die zweite Medaille im zweiten WM-Rennen, die siebte in Folge. Außergewöhnlich. Als ob das nicht schon schön genug wäre, zieht Laura Dahlmeier noch eine tiefe innere Zufriedenheit aus der Tatsache, dass sie fehlerlos bleibt. Das ist ihr superwichtig. Das ist ihr Anspruch. „Mit Hochachtung erkenne ich an, dass Gabi einfach stärker war“, sagt die Deutsche fair. Sie achten sich, sie verstehen sich. Und Dahlmeier spürt die Wertschätzung, wenn die Tschechin über sie sagt: „Ich habe nicht gedacht, dass es reicht. Ich weiß um Lauras außergewöhnliche letzte Runde, sie ist schnell wie ein Pferd.“ Nach dem Stehendschießen hat Koukalova 10,5 Sekunden Vorsprung, im Ziel sind es nur noch vier. Doch Laura Dahlmeier sagt bereits in Ruhpolding mit Blick auf den Saisonhöhepunkt in Tirol: „Wenn man gewinnen will, muss man erst mal an ihr vorbeikommen.“
Mehr Mensch Zum ersten Mal holt Gabriela Koukalova eine Einzelmedaille bei einer Weltmeisterschaft. Weil sie entspannter ist, auch mal Zeit mit Petr Koukal verbringt. „Ich bin mehr Mensch“, sagt sie. Die hohen Erwartungen legt sie ab, auch ihr mentales Tief überwindet sie. In Oslo vor einem Jahr beispielsweise reist sie als Führende des Gesamtweltcups an und traurig wieder ab. Ohne Medaille. „Ich habe immer nur die Kartoffel-Medaille bekommen, wie wir in Tschechien sagen.“ Der Traum von Laura Dahlmeier indes geht weiter. „Ich kann es noch gar nicht so realisieren, aber es ist unheimlich schön, immer wieder da oben zu stehen“, sagt sie. Zur WM in Bestform sein, das nimmt sie sich als großes Saisonziel vor. Es gelingt. Auch, weil sie bei ihren zwei Schießeinlagen ohne Tadel bleibt. Die Null kommt, wenn sie nötig ist. Das zeichnet sie aus, und das macht ihre Ausgangslage vor dem Verfolgungsrennen — hier ist sie die Titelverteidigerin — am Sonntag (10.30 Uhr/live ZDF) so blendend. Wie für Vanessa Hinz, die als Sechste mit 37,9 Sekunden Rückstand ins Ziel einfährt.
Nur am Rande bekommen die deutschen Frauen mit, dass der Biathlon-Weltverband IBU wenige Stunden zuvor die vorläufige Suspendierung von Jekaterina Glasyrina bekanntgibt. Ein Dopingfall ist „sehr wahrscheinlich“, wie Generalsekretärin Nicole Resch sagt. Details nennt sie nicht. Doch die Informationen aus der Arbeitsgruppe, die nach dem zweiten McLaren-Report um mutmaßliches Staatsdoping in Russland eingesetzt wird, scheinen eindeutig. Glasyrina ist eine von insgesamt 31 russischen Biathleten gegen die ermittelt — und nun die erste noch aktive Athletin, die aus dem Verkehr gezogen wird. Olga Wiluchina und Jana Romanowa sind zuvor bereits zurückgetreten. „Auf der einen Seite ist das schon krass für unseren Sport, aber auch schade, dass es immer so scheibchenweise daherkommt“, sagt Laura Dahlmeier. „Es wäre jetzt schon wichtig, dass man das mal komplett aufklärt und Russland auch einsieht, dass sie Fehler gemacht haben.“
Klar Stellung bezieht auch die Weltmeisterin: „Das russische Team ist offenbar nicht in der Lage, mit den internationalen Anti-Doping-Organisationen zu kooperieren. Aber dann haben sie bei unseren Rennen nichts zu suchen.“ Um die 30 Mal ist Koukalova kontrolliert worden. „Sie könnten ruhig häufiger kommen“, meint die Tschechin. „ Ich bin jederzeit bereit, weil ich einen sauberen Sport unterstützen will. Das ist mir wichtiger als Siege.“